Abfindung Betriebsübergang sorgt bei vielen Arbeitnehmern für Unsicherheit, sobald ein Unternehmensverkauf ansteht. Wer seit vielen Jahren beschäftigt ist, fragt sich, ob eine Abfindung fällig wird und welche Gesetze greifen. Genau diese Fragen wollen wir hier klären und praxisnah beantworten.
Beispiel eines Betriebsübergangs
Ein Arbeitnehmer ist seit über 15 Jahren bei einer mittelständischen Firma beschäftigt. Die Mitarbeiterzahl schwankte in den Jahren zwischen mehr und weniger als zehn Personen. Im Jahr 2024 wird die Firma durch eine größere Unternehmensgruppe übernommen, die mehrere hundert Beschäftigte zählt. Die Unsicherheit ist groß: Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Abfindung, und spielt die Anzahl der Mitarbeiter dabei eine Rolle?
Bedeutung des Betriebsübergangs
Nach § 613a BGB gilt, dass bei einem Betriebsübergang alle bestehenden Arbeitsverträge automatisch auf den neuen Arbeitgeber übergehen. Für die Arbeitnehmer bedeutet das, dass ihr Arbeitsverhältnis unverändert bestehen bleibt. Löhne, Urlaub, Betriebszugehörigkeit und alle vertraglichen Rechte bleiben erhalten. Eine Abfindung ist in diesem Zusammenhang zunächst nicht vorgesehen, da ja kein Arbeitsverhältnis endet.
Häufige Missverständnisse
Viele Beschäftigte glauben, dass bei jedem Betriebsübergang automatisch eine Abfindung gezahlt wird. Das ist jedoch falsch. Eine Abfindung wird nur dann relevant, wenn ein Arbeitsverhältnis endet – etwa durch Kündigung oder einen Aufhebungsvertrag. Solange der neue Arbeitgeber die Verträge übernimmt, besteht kein Anspruch.
Externer Dienstleister Arbeitszeiterfassung rechtlich klären 👆Voraussetzungen für eine Abfindung
Eine Abfindung wird in Deutschland nicht gesetzlich garantiert, sondern entsteht nur unter bestimmten Umständen.
Abfindung durch Kündigungsschutzklage
Nach § 1a Kündigungsschutzgesetz kann ein Arbeitnehmer Anspruch auf Abfindung haben, wenn der Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen kündigt und gleichzeitig eine Abfindung anbietet. Das setzt aber voraus, dass der Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Hier spielt die Mitarbeiterzahl eine Rolle: Unterhalb dieser Grenze greift das Kündigungsschutzgesetz nicht, sodass ein Abfindungsanspruch kaum durchsetzbar ist.
Abfindung durch Sozialplan
Kommt es im Zuge einer Umstrukturierung nach dem Betriebsübergang zu Massenentlassungen, kann ein Sozialplan nach § 112 BetrVG vereinbart werden. Darin können Abfindungen für betroffene Arbeitnehmer festgelegt sein. In solchen Fällen hängt die Höhe von Faktoren wie Betriebszugehörigkeit und Alter ab.
Abfindung durch Vergleich oder Verhandlung
Sehr häufig entstehen Abfindungen durch individuelle Verhandlungen, etwa wenn ein Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag anbietet. Gerade bei langjähriger Betriebszugehörigkeit, wie im Fall eines Mitarbeiters mit 15 Jahren im Unternehmen, ist die Verhandlungsposition stark. Hier gilt die Faustformel: ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr.
Wiedereinstellung Arbeitsgericht Erfahrungen 👆Rolle der Arbeitnehmerzahl
Die Frage nach der Mitarbeiteranzahl ist entscheidend für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes. Entscheidend ist nicht die Größe des gesamten Konzerns, sondern die Zahl der Arbeitnehmer im Betrieb, also in der organisatorischen Einheit, die über Kündigungen entscheidet. Liegt diese Zahl regelmäßig über zehn, haben Arbeitnehmer einen besseren Kündigungsschutz und damit auch mehr Chancen auf eine Abfindung im Rahmen von Prozessen oder Verhandlungen.
Konzernzugehörigkeit und Betriebsgröße
Wenn eine kleine Firma in einen großen Konzern eingegliedert wird, bedeutet das nicht automatisch, dass die Konzernmitarbeiterzahl für das Kündigungsschutzgesetz zählt. Maßgeblich ist, ob es sich rechtlich um denselben Betrieb handelt. Die Gerichte schauen genau darauf, ob eine organisatorische Einheit vorliegt.
Fahrradfahrer missachtet Vorfahrt – Kollision mit schwerer Verletzung Fahrlässige Körperverletzung 👆Praktische Tipps für Arbeitnehmer
Arbeitnehmer sollten ihre Rechte genau prüfen, sobald ein Betriebsübergang angekündigt wird. Wichtig ist es, den Informationsbrief des Arbeitgebers nach § 613a Abs. 5 BGB sorgfältig zu lesen. Dort wird erläutert, welche Folgen der Übergang hat und welche Widerspruchsmöglichkeiten bestehen. Ein Widerspruch kann sinnvoll sein, wenn man lieber beim alten Arbeitgeber verbleiben möchte – oft bringt das aber Nachteile, da der alte Arbeitgeber keinen Betrieb mehr hat.
Frühzeitige Beratung
Gerade wer eine Abfindung anstrebt, sollte frühzeitig anwaltliche Beratung suchen. Die Chancen hängen stark von der konkreten Konstellation ab: Betriebsgröße, Kündigungsgründe, Verhandlungsbereitschaft des Arbeitgebers. Ohne fundierte Argumente ist eine Abfindung schwer durchzusetzen.
Verhandlungsspielräume nutzen
Arbeitnehmer mit langer Betriebszugehörigkeit und hohem Kündigungsschutz haben in Verhandlungen gute Karten. Arbeitgeber zahlen oft lieber eine Abfindung, als ein langwieriges Kündigungsschutzverfahren zu riskieren. In der Praxis liegen die Abfindungssummen häufig über der gesetzlichen Faustformel, wenn der Druck für den Arbeitgeber hoch ist.
Arbeitsunfall Versetzung Abfindung: Was tun? 👆Fazit
Abfindung bei Betriebsübergang ist kein Automatismus. Nach § 613a BGB bleiben die Arbeitsverhältnisse zunächst unverändert bestehen, sodass ein Anspruch auf Abfindung nur in besonderen Konstellationen entsteht. Entscheidend sind Kündigungen, Aufhebungsverträge oder Sozialpläne, nicht aber allein der Übergang des Betriebs auf einen neuen Eigentümer. Arbeitnehmer mit langer Betriebszugehörigkeit können jedoch in Verhandlungen eine realistische Chance auf eine Abfindung haben, insbesondere wenn der Arbeitgeber eine einvernehmliche Lösung anstrebt. Wer in einer solchen Situation steht, sollte rechtzeitig rechtlichen Rat einholen und seine Verhandlungsposition kennen.
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Habe ich beim Betriebsübergang automatisch Anspruch auf Abfindung?
Nein, ein Betriebsübergang allein löst keinen Anspruch auf Abfindung aus. Abfindungen werden nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses relevant.
Welche Rolle spielt die Betriebsgröße für eine Abfindung?
Die Betriebsgröße entscheidet über die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes. Ab regelmäßig mehr als zehn Mitarbeitern besteht ein stärkerer Schutz, was auch die Chancen auf Abfindung erhöht.
Gilt die Mitarbeiterzahl des Konzerns oder des Betriebs?
Entscheidend ist die Anzahl der Beschäftigten im konkreten Betrieb, nicht die gesamte Konzernstärke. Nur diese Zahl ist für das Kündigungsschutzgesetz maßgeblich.
Wann bekomme ich eine Abfindung nach Kündigung?
Eine Abfindung kann nach § 1a KSchG entstehen, wenn der Arbeitgeber betriebsbedingt kündigt und eine Abfindung anbietet. Häufig wird sie aber auch im Rahmen eines Vergleichs ausgehandelt.
Welche Höhe ist bei einer Abfindung üblich?
Die gängige Faustformel lautet ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. In der Praxis können Abfindungen jedoch höher ausfallen, wenn die Verhandlungsposition stark ist.
Kann es durch einen Sozialplan zu Abfindungen kommen?
Ja, bei größeren Umstrukturierungen oder Massenentlassungen können Sozialpläne Abfindungen für die betroffenen Arbeitnehmer vorsehen.
Lohnt sich ein Widerspruch gegen den Betriebsübergang?
Ein Widerspruch ist möglich, führt aber dazu, dass das Arbeitsverhältnis beim alten Arbeitgeber bleibt. Oft bringt das Nachteile, wenn dieser keine Beschäftigung mehr anbieten kann.
Wie kann ich meine Chancen auf Abfindung verbessern?
Durch rechtzeitige anwaltliche Beratung und geschickte Verhandlungsführung können Arbeitnehmer ihre Position stärken und bessere Ergebnisse erzielen.
Welche Bedeutung hat die lange Betriebszugehörigkeit?
Eine lange Betriebszugehörigkeit erhöht die Verhandlungsstärke deutlich. Arbeitgeber sind dann eher bereit, eine Abfindung bei Betriebsübergang zu zahlen, um Streit zu vermeiden.
Sollte ich mich immer rechtlich beraten lassen?
Ja, gerade bei einem Betriebsübergang und drohender Kündigung ist rechtliche Beratung sinnvoll, um die eigenen Rechte vollständig auszuschöpfen.
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