Die tariflich gestaffelte Kündigungsfrist im TVöD führt häufig zu Verwirrung. Besonders spannend wird es, wenn das Beschäftigungsjahr fast vorbei ist und die Kündigung mitten in diesem Zeitraum ausgesprochen wird. Genau hier stellt sich die Frage, ob das Arbeitsverhältnis noch zum Monatsende oder erst zum Quartalsende beendet werden kann.
Kündigungsfrist im konkreten Beispiel
Ein Arbeitnehmer trat am 1. April 2024 eine Stelle im öffentlichen Dienst an. Am 5. März 2025 möchte er nun kündigen. Nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) gilt bei einer Beschäftigungszeit bis zu einem Jahr eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende. Erst ab einer Beschäftigungszeit von mehr als einem Jahr verlängert sich die Frist auf sechs Wochen zum Quartalsende.
Berechnung der Beschäftigungszeit
Entscheidend ist nicht, wann das Arbeitsverhältnis endet, sondern zu welchem Zeitpunkt die Kündigungserklärung zugeht. Geht sie vor Ablauf des ersten Jahres zu, liegt die Beschäftigungszeit noch unter einem Jahr. Damit greift die kürzere Frist von einem Monat zum Monatsende. Wird also am 5. März 2025 gekündigt, endet das Arbeitsverhältnis folglich zum 30. April 2025.
Unterschiedliche Meinungen in der Praxis
Oft vertreten Arbeitnehmer oder Arbeitgeber die Ansicht, dass es auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Endes des Arbeitsverhältnisses ankomme. Dies würde in unserem Beispiel bedeuten, dass wegen des Endes nach dem 1. April die längere Frist gilt. Die Rechtsprechung, unter anderem das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 27.02.1985 – 7 AZR 194/84), hat jedoch eindeutig klargestellt, dass der Zugang der Kündigungserklärung entscheidend ist.
Kündigungsfrist TVöD Probezeit verstehen 👆Gesetzliche Grundlage
Die rechtliche Basis bildet § 34 TVöD, der die gestaffelten Kündigungsfristen regelt. Ergänzend ist § 622 BGB von Bedeutung, der die gesetzlichen Mindestkündigungsfristen vorgibt. Der Tarifvertrag kann hiervon abweichende, meist günstigere oder längere Fristen bestimmen.
Vorrang des Tarifvertrags
Im öffentlichen Dienst gilt der TVöD unmittelbar und zwingend. Das bedeutet, dass die tariflich geregelten Kündigungsfristen Vorrang vor den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches haben. Ein Rückgriff auf § 622 BGB ist nur notwendig, wenn im Tarifvertrag keine Regelung vorhanden ist.
Bedeutung für Arbeitnehmer
Für Beschäftigte ist es besonders wichtig, den Zeitpunkt der Kündigung genau zu planen. Wer zu spät kündigt, fällt möglicherweise in die längere Kündigungsfrist und muss länger im Arbeitsverhältnis verbleiben als gewünscht. Daher lohnt es sich, die Fristen sorgfältig zu prüfen und den Zugang des Kündigungsschreibens rechtzeitig zu dokumentieren.
Abfindung Betriebsübergang rechtliche Fakten 👆Praktische Tipps zur Kündigung
Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte ein Kündigungsschreiben stets schriftlich erfolgen und am besten persönlich oder per Einschreiben übergeben werden. So lässt sich der genaue Zugang nachweisen. Eine E-Mail reicht nicht aus, da sie die Schriftform des § 623 BGB nicht erfüllt.
Strategische Überlegungen
Wer seine Kündigung plant, sollte neben der Kündigungsfrist auch Urlaubsansprüche, Restgehalt und mögliche offene Überstunden berücksichtigen. Gerade im öffentlichen Dienst gibt es häufig noch Sonderregelungen wie Jahressonderzahlungen oder betriebliche Altersversorgung, die beim Austritt eine Rolle spielen können.
Externer Dienstleister Arbeitszeiterfassung rechtlich klären 👆Fazit
Die tariflich gestaffelte Kündigungsfrist im TVöD sorgt immer wieder für Diskussionen. Entscheidend ist jedoch eindeutig der Zeitpunkt, an dem die Kündigungserklärung zugeht. Liegt dieser noch innerhalb des ersten Beschäftigungsjahres, greift die kürzere Frist von einem Monat zum Monatsende. Erst mit Überschreiten dieser Jahresgrenze gilt die verlängerte tariflich gestaffelte Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartalsende. Arbeitnehmer sollten daher genau prüfen, wann sie ihre Kündigung erklären, um keine ungewollten Verlängerungen der Beschäftigungsdauer hinzunehmen.
Wiedereinstellung Arbeitsgericht Erfahrungen 👆FAQ
Gilt die tariflich gestaffelte Kündigungsfrist auch bei einer Probezeit?
Während der Probezeit gelten oft abweichende Regelungen, in der Regel eine Kündigungsfrist von zwei Wochen. Nach Ablauf der Probezeit greift die tariflich gestaffelte Kündigungsfrist des TVöD.
Zählt für die tariflich gestaffelte Kündigungsfrist der Zugang oder das Ende des Vertrags?
Entscheidend ist der Zugang der Kündigung beim Arbeitgeber. Damit wird festgelegt, ob noch die kürzere oder bereits die längere Frist gilt.
Was passiert, wenn ich genau am Jahrestag kündige?
Geht die Kündigungserklärung am Jahrestag oder später ein, greift automatisch die längere Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartalsende.
Kann der Arbeitgeber eine längere Kündigungsfrist verlangen?
Grundsätzlich gelten die tariflichen Fristen. Individuelle Vereinbarungen dürfen die Frist verlängern, aber nicht zu Lasten des Arbeitnehmers verkürzen.
Welche Rolle spielt § 622 BGB bei der Kündigungsfrist?
§ 622 BGB regelt die gesetzlichen Mindestfristen. Im öffentlichen Dienst wird dieser aber durch die tariflich gestaffelte Kündigungsfrist des TVöD verdrängt.
Ist eine Kündigung per E-Mail wirksam?
Nein, eine Kündigung muss gemäß § 623 BGB schriftlich erfolgen. Eine E-Mail oder ein Fax erfüllen die Schriftform nicht.
Kann ich trotz laufender Kündigungsfrist einen Aufhebungsvertrag schließen?
Ja, ein Aufhebungsvertrag kann jederzeit geschlossen werden, wenn sich beide Parteien einig sind. Damit lässt sich die Beendigung auch früher vereinbaren.
Muss der Arbeitgeber die Kündigung bestätigen?
Eine schriftliche Bestätigung ist rechtlich nicht zwingend erforderlich, jedoch für die Rechtssicherheit empfehlenswert.
Wie weise ich den Zugang meiner Kündigung nach?
Am sichersten ist die persönliche Übergabe mit Empfangsbestätigung oder der Versand per Einschreiben mit Rückschein.
Gibt es Ausnahmen von der tariflich gestaffelten Kündigungsfrist im TVöD?
Ja, zum Beispiel bei befristeten Verträgen oder besonderen Sonderkündigungsrechten können abweichende Regelungen greifen.
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