Die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht im Minijob wirkt auf den ersten Blick attraktiv, da sofort mehr Netto bleibt. Doch lohnt sich dieser Schritt wirklich, besonders wenn es um Jugendliche geht, die ihre ersten Jobs annehmen? Der Blick auf die rechtlichen Grundlagen und die langfristigen Folgen zeigt, dass es keine einfache Entscheidung ist.
Befreiung Rentenversicherungspflicht im Einzelfall
Ein 14-jähriger Schüler beginnt, Zeitungen auszutragen und verdient monatlich rund 100 Euro. Zusätzlich erhält er als Übungsleiter im Verein etwa 35 Euro auf Basis eines steuerlich begünstigten Übungsleitervertrages. Hier stellt sich die Frage, ob sich die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht beim Minijob lohnt. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV gilt ein Minijob bis 520 Euro als geringfügige Beschäftigung, die grundsätzlich rentenversicherungspflichtig ist. Allerdings kann man nach § 6 Abs. 1b SGB VI einen Antrag auf Befreiung stellen. Für Jugendliche wirkt es verlockend, die geringen Abzüge – etwa 3,60 Euro im Monat bei 100 Euro Einkommen – zu sparen. Doch dieser kurzfristige Vorteil muss gegen langfristige Konsequenzen abgewogen werden.
Warum die Befreiung kurzfristig attraktiv erscheint
Im Alltag junger Minijobber zählt jeder Euro. Deshalb erscheint es nachvollziehbar, dass Eltern die Befreiung beantragen, damit der volle Verdienst ausgezahlt wird. Da das Rentensystem für Jugendliche noch weit entfernt wirkt, spielen die paar Euro Abzug kaum eine Rolle in ihrer Vorstellung. Zudem übernehmen Erziehungsberechtigte die Entscheidung, sodass der Jugendliche selbst den Hintergrund oft gar nicht kennt.
Die langfristigen Folgen für Beitragszeiten
Die entscheidende Frage lautet: Was verliert man, wenn man die Befreiung beantragt? Mit der Zahlung von 3,60 Euro im Monat erwirbt man Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese Zeiten können später darüber entscheiden, ob die Wartezeit für die Rente mit 45 Versicherungsjahren nach § 51 Abs. 3a SGB VI erfüllt wird. Besonders für Personen, die ein langes Studium oder Phasen ohne Beitragszeiten haben, sind frühe Minijobs ein wertvolles Polster. Wer auf die Befreiung verzichtet, könnte im Alter deutlich profitieren, indem er früher in Rente gehen darf.
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Die Pflicht zur Rentenversicherung im Minijob ist in § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI festgelegt. Danach sind geringfügig Beschäftigte grundsätzlich rentenversicherungspflichtig. Die Möglichkeit zur Befreiung regelt § 6 Abs. 1b SGB VI. Wichtig ist, dass der Antrag schriftlich erfolgen muss und nur für die jeweilige Beschäftigung gilt. Einmal erklärt, bleibt die Befreiung für die gesamte Dauer dieses Arbeitsverhältnisses bestehen. Rückgängig machen lässt sie sich nicht. Das heißt: Wer sich mit 14 für die Befreiung entscheidet, kann es später nicht revidieren, solange der gleiche Job besteht.
Abzugshöhe und Beitragswirkung
Der Arbeitnehmeranteil beträgt im Minijob 3,6 % vom Bruttolohn. Bei 100 Euro sind das 3,60 Euro, während der Arbeitgeber pauschal 15 % zahlt. Wird die Befreiung beantragt, bleibt der volle Lohn, doch es entstehen keine Beitragszeiten für den Arbeitnehmer. Diese geringe Summe wirkt auf kurze Sicht fast bedeutungslos, entfaltet aber große Wirkung über Jahrzehnte hinweg.
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Eltern, die für ihre Kinder entscheiden müssen, stehen also vor einer Abwägung. Kurzfristig hat der Jugendliche etwas mehr Geld in der Tasche. Langfristig könnten jedoch wertvolle Versicherungsjahre verloren gehen. Wer schon früh Beitragszeiten sammelt, hat später möglicherweise die Möglichkeit, früher in Rente zu gehen. Angesichts der unsicheren Zukunft des Rentensystems bleibt ein Restrisiko, ob diese Beiträge im Jahr 2071 noch die gleiche Bedeutung haben werden. Dennoch zeigen sich Juristen und Fachleute eher einig, dass selbst kleine Beitragszeiten wertvoll sind.
Besonderheit beim Übungsleitervertrag
Die parallele Tätigkeit als Übungsleiter fällt unter die steuerlich begünstigten Einkünfte nach § 3 Nr. 26 EStG. Bis zu 3.000 Euro jährlich bleiben steuer- und sozialversicherungsfrei. Diese Einnahmen werden nicht auf die Rentenversicherung angerechnet und führen daher auch nicht zu Beitragszeiten. Damit bleibt allein der Minijob die relevante Beschäftigung für die Rentenfrage.
Schriftliche Kündigung Frist einhalten 👆Empfehlungen aus rechtlicher Sicht
Juristisch gesehen bietet die Befreiung keine Vorteile außer dem kurzfristigen Netto-Plus. Der langfristige Nutzen von Beitragszeiten überwiegt fast immer, selbst wenn die Beträge klein sind. Besonders für Schüler und Studenten, die später längere Ausbildungszeiten ohne Beiträge haben, kann dies entscheidend sein. Auch wenn unklar ist, wie die Rentengesetze in 40 oder 50 Jahren aussehen, bietet das geltende Recht schon jetzt eine solide Grundlage: Jeder Monat zählt. Daher ist es meist ratsamer, die Beiträge zu zahlen und auf die Befreiung zu verzichten.
Letztes Gehalt nicht gezahlt – Ihre Rechte 👆Fazit
Die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht im Minijob erscheint zunächst verlockend, weil sofort mehr Geld zur Verfügung steht. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass die gezahlten Beiträge – auch wenn sie klein wirken – einen langfristigen Wert haben. Wer die Pflichtbeiträge leistet, sichert sich wichtige Rentenzeiten und erhöht damit die Chance, früher in Rente gehen zu können. Gerade für Schüler und Studenten, die später längere beitragsfreie Phasen haben, ist dies ein entscheidender Vorteil. Deshalb ist es in vielen Fällen sinnvoller, auf die Befreiung zu verzichten und die Rentenversicherungspflicht im Minijob bewusst zu erfüllen.
Minijobvertrag ohne feste Zeiten rechtlich möglich? 👆FAQ
Muss jeder Minijob rentenversicherungspflichtig sein?
Ja, nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ist grundsätzlich jeder Minijob rentenversicherungspflichtig, sofern keine Befreiung beantragt wird.
Wie hoch ist der Abzug bei einem Minijob von 100 Euro?
Der Arbeitnehmer zahlt 3,6 % seines Lohns, also 3,60 Euro bei 100 Euro Verdienst.
Lohnt sich eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht wirklich?
Kurzfristig bedeutet es ein paar Euro mehr im Monat, langfristig gehen jedoch wichtige Versicherungszeiten verloren.
Kann die Befreiung vom Minijob wieder rückgängig gemacht werden?
Nein, eine Befreiung gilt für die gesamte Dauer des Beschäftigungsverhältnisses und lässt sich nicht widerrufen.
Welche Vorteile bringt es, die Rentenversicherungspflicht im Minijob zu erfüllen?
Man erwirbt Beitragszeiten, die später für die Wartezeit auf bestimmte Rentenarten entscheidend sein können.
Zählt ein Übungsleitervertrag auch für die Rentenversicherung?
Nein, Einnahmen aus einem Übungsleitervertrag nach § 3 Nr. 26 EStG sind steuerfrei und führen nicht zu Rentenbeiträgen.
Was passiert, wenn man während Studium oder Ausbildung keine Rentenbeiträge zahlt?
Diese Zeiten gelten nicht als Beitragszeiten. Umso wichtiger ist es, vorher oder nebenher Rentenbeiträge über Minijobs zu sammeln.
Ist die Befreiung bei Jugendlichen unter 18 Jahren sinnvoll?
Oft nicht, da die Beiträge sehr gering sind, aber wertvolle Versicherungsjahre sichern können.
Hat die Befreiung Auswirkungen auf spätere Rentenhöhe?
Ja, es können Monate fehlen, die für den Rentenbeginn oder die Anspruchsvoraussetzungen wichtig sind.
Kann man später freiwillig Beiträge nachzahlen, wenn man befreit war?
Nein, die Nachzahlung für Minijobs ist nicht vorgesehen. Deshalb sollte die Entscheidung gut überlegt sein.
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