Abfindung oder Freistellung bei Kündigung?

Abfindung oder Freistellung – diese Frage beschäftigt viele, die wie die ehemalige Marktleiterin Banimaus unter Druck gekündigt wurden. Doch zählt eine bezahlte Freistellung wirklich als Abfindung? Und was passiert, wenn im Vergleich keine Abfindung geregelt wurde? In diesem Beitrag schauen wir genau hin, was arbeitsrechtlich gilt und wo sich viele Arbeitnehmer täuschen.

Kündigung unter Druck unterzeichnet

Wenn der Arbeitgeber plötzlich Druck macht und einem innerhalb von Minuten ein Aufhebungsvertrag untergeschoben wird, wirkt das auf viele wie Erpressung. So auch in diesem Fall: Nach über 12 Jahren als Marktleiterin musste Banimaus auf einmal zur Verkäuferin degradiert werden – oder eben direkt gehen. Viele unterschreiben in solchen Momenten aus Angst, ohne zu wissen, was das arbeitsrechtlich bedeutet.

Aufhebungsvertrag rechtlich überprüfbar?

In der Theorie kann ein unter Druck unterschriebener Aufhebungsvertrag angefochten werden – wegen widerrechtlicher Drohung (§ 123 BGB). Die Anforderungen daran sind jedoch hoch. Es muss eine konkrete, rechtswidrige Drohung nachgewiesen werden. Nur weil man sich subjektiv unter Druck fühlte, reicht das nicht. Und: Wer danach trotzdem einem gerichtlichen Vergleich zustimmt, verwirkt damit oft die Chance, den Aufhebungsvertrag erfolgreich anzufechten.

Bedeutung eines gerichtlichen Vergleichs

Ein gerichtlicher Vergleich (§ 779 BGB) ist eine beiderseitige Einigung, die als endgültig gilt. Auch wenn vorher Streit über die Kündigung oder Abfindung bestand, kann mit dem Vergleich alles abgeschlossen sein – selbst ohne Abfindung. Das klingt hart, aber genau das ist das Wesen eines Vergleichs: Beide Seiten geben nach. Wenn die Gegenseite keine Abfindung zahlen will und man trotzdem zustimmt, hat man rechtlich kaum noch Spielraum.

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Bezahlt freigestellt – ist das eine Abfindung?

Die Formulierung des Arbeitgebers, die bezahlte Freistellung sei „wie eine Abfindung“, ist irreführend. Rein rechtlich handelt es sich bei der Freistellung lediglich um eine bezahlte Nicht-Beschäftigung bis zum Kündigungsende.

Sozialversicherungsrechtliche Unterschiede

Eine echte Abfindung (§ 1a KSchG) ist eine einmalige Zahlung, auf die meist nur Einkommensteuer entfällt – keine Sozialabgaben. Bei bezahlter Freistellung hingegen läuft das Arbeitsverhältnis weiter, inklusive Lohnsteuer, Sozialabgaben und sonstigen Verpflichtungen. Man erhält schlicht sein normales Gehalt ohne Arbeitspflicht – aber es ist keine Abfindung im rechtlichen Sinne.

Vorteile einer unwiderruflichen Freistellung

Wenn die Freistellung im Vergleich „unwiderruflich“ vereinbart wurde, kann die betroffene Person während dieser Zeit bereits einen neuen Job beginnen. Der bisherige Arbeitgeber darf das Gehalt trotzdem nicht zurückfordern oder verrechnen. Das klingt zunächst vorteilhaft – ist aber nur dann sinnvoll, wenn man schnell etwas Neues gefunden hat. Für viele andere wäre eine echte Abfindung bares Geld gewesen.

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Langjährige Betriebszugehörigkeit ohne Abfindung

Viele Betroffene fragen sich: Wie kann es sein, dass man nach über 12 Jahren Kündigung keine Abfindung bekommt? Die Antwort ist ernüchternd: Einen generellen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung gibt es in Deutschland nicht.

Anspruch nur bei Sozialplan oder §1a KSchG

Nur unter bestimmten Voraussetzungen – etwa bei betriebsbedingter Kündigung und schriftlichem Hinweis auf Abfindung im Kündigungsschreiben (§1a KSchG) – entsteht ein Rechtsanspruch. In anderen Fällen sind Abfindungen reine Verhandlungssache. Der Vergleich hätte dies regeln können – hat er aber nicht. Und rückwirkend lässt sich ein Vergleich nur in sehr seltenen Fällen noch anfechten, etwa bei arglistiger Täuschung oder Verfahrensfehlern.

Drucksituation nicht automatisch entscheidend

Selbst wenn eine Drucksituation bestand – etwa durch die angedrohte sofortige Kündigung – ist das rechtlich schwer zu beweisen. Der Vergleich als gütliche Einigung steht über allem. Und wer ihn unterschreibt, sagt im Grunde: „Ich bin mit dieser Lösung einverstanden.“ Auch wenn es sich später falsch anfühlt.

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Fazit

Abfindung oder Freistellung – die Verwirrung ist nachvollziehbar, aber juristisch klar zu unterscheiden. Eine bezahlte Freistellung ist kein Ersatz für eine Abfindung, auch wenn Arbeitgeber dies gerne so darstellen. Wer einem gerichtlichen Vergleich ohne Abfindung zustimmt, verzichtet meist endgültig auf mögliche Zahlungsansprüche. Selbst langjährige Betriebszugehörigkeit garantiert keine Abfindung, wenn sie nicht ausdrücklich vereinbart wird. Das mag ungerecht erscheinen – ist aber geltendes Arbeitsrecht. Wer sich benachteiligt fühlt, sollte den eigenen Fall frühzeitig mit einem erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht besprechen. Denn wenn der Vergleich einmal unterschrieben ist, gibt es kaum noch ein Zurück.

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FAQ

Habe ich bei einer Kündigung Anspruch auf Abfindung?

Nicht automatisch. Einen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung gibt es nur in bestimmten Fällen, etwa bei betriebsbedingter Kündigung und Hinweis auf §1a KSchG. In allen anderen Fällen ist eine Abfindung reine Verhandlungssache. Auch eine lange Betriebszugehörigkeit allein reicht nicht aus.

Gilt eine bezahlte Freistellung als Abfindung?

Nein, rechtlich nicht. Auch wenn der Arbeitgeber sagt, die Freistellung sei „wie eine Abfindung“, handelt es sich lediglich um regulären Lohn ohne Arbeitspflicht. Sozialversicherungsrechtlich ist das ein Unterschied: Für die Freistellung fallen Beiträge an, für die Abfindung meist nicht.

Kann ich einen gerichtlichen Vergleich später noch anfechten?

Nur sehr schwer. Ein gerichtlicher Vergleich (§ 779 BGB) ist rechtlich bindend. Eine Anfechtung ist nur bei nachweisbarer arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung möglich. Subjektives Gefühl von Druck reicht in der Regel nicht aus.

Was wäre die bessere Option: Abfindung oder Freistellung?

Das kommt auf den Einzelfall an. Wenn man schnell wieder einen Job findet, kann eine Abfindung steuerlich vorteilhafter sein. Bei Arbeitsunfähigkeit oder bevorstehender Arbeitslosigkeit kann eine längere Freistellung mit Gehalt vorteilhaft sein, weil sie den Bezug von Krankengeld oder ALG I verschiebt.

Wie kann ich mich vor unfairen Vergleichen schützen?

Wichtig ist, frühzeitig einen Fachanwalt für Arbeitsrecht einzuschalten – am besten noch vor der Unterschrift unter Aufhebungsvertrag oder Vergleich. Wer unter Druck gesetzt wird, sollte keine vorschnellen Entscheidungen treffen. Denn: Bei „Abfindung oder Freistellung“ zählt am Ende nur das, was schriftlich vereinbart wurde.

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