Aufhebungsvertrag ALG Sperrzeit – allein diese Kombination reicht aus, um vielen Arbeitnehmern sofort Unbehagen zu bereiten. Denn wer freiwillig unterschreibt, riskiert unter Umständen nicht nur drei Monate Sperre beim Arbeitslosengeld, sondern auch eine verkürzte Bezugsdauer. Aber ist das wirklich immer so? Und kann man einen vermeintlich fairen Aufhebungsvertrag vielleicht sogar noch verbessern?
Mögliche Kündigung als Ausgangslage
Wenn eine betriebsbedingte Kündigung ohnehin sehr wahrscheinlich ist, kann ein Aufhebungsvertrag eine taktisch kluge Lösung sein. So scheint es auch im vorliegenden Fall: Das Unternehmen plant eine Umstrukturierung, bei der die eigene Position abgebaut wird. Andere verfügbare Stellen wurden bereits vergeben – realistisch betrachtet ist der Arbeitsplatz damit faktisch gestrichen. Diese Konstellation hat weitreichende Konsequenzen.
Keine Sperre bei drohender Kündigung
Ein zentraler Punkt bei der Frage „Aufhebungsvertrag unterschreiben – ja oder nein?“ ist die Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Laut § 159 SGB III tritt eine Sperrzeit ein, wenn man die Arbeitslosigkeit „vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt“. Eine drohende Kündigung hingegen gilt als wichtiger Grund. Das bedeutet: Wird der Arbeitsplatz ohnehin wegfallen, lässt sich die Sperre vermeiden, wenn dies im Vertrag oder zumindest belegbar dokumentiert ist.
Abfindung trotz ALG-Anspruch möglich
Auch wenn eine Sperrzeit umgangen wird, lohnt sich der Blick auf die Abfindung. Die sogenannte Regelabfindung liegt nach § 1a KSchG bei 0,5 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr. Im geschilderten Fall bietet der Arbeitgeber jedoch 0,9 Gehälter pro Jahr – also fast das Doppelte. Das liegt deutlich über dem gesetzlichen Minimum und zeigt: Es besteht Verhandlungsspielraum. Auch wenn der ALG-Anspruch grundsätzlich erhalten bleibt, kann eine hohe Abfindung dennoch sinnvoller sein als das ALG I mit 60 % des Nettogehalts.
Zumutbarkeit Einsatzort Entfernung: Ihre Rechte kennen 👆Inhalt und Wert der Bonuszahlungen
Nicht selten wird bei der Berechnung der Abfindung der Bonus außen vorgelassen. Doch ist das rechtlich zulässig – oder schlicht üblich?
Bonuszahlungen sind keine Regelleistung
In der Praxis hängt viel davon ab, wie der Bonusvertraglich geregelt ist. Handelt es sich um eine freiwillige, ergebnisabhängige Zahlung ohne Rechtsanspruch, ist der Ausschluss aus der Abfindung üblich. Wird der Bonus dagegen regelmäßig gewährt und basiert auf klaren Kriterien, kann man argumentieren, dass er Teil des üblichen Entgelts ist – und somit berücksichtigt werden sollte.
Wie man den Bonus ins Spiel bringt
Es empfiehlt sich, das Thema sachlich und fundiert beim Arbeitgeber anzusprechen. Ein Hinweis auf vergangene Ausschüttungen, Betriebsvereinbarungen oder konkrete Zielvereinbarungen kann hilfreich sein. Eine pauschale Forderung ohne Argumentation wird dagegen selten erfolgreich sein. Entscheidend ist also, ob der Bonus individuell zugesichert oder Teil der Gehaltsstruktur war.
Arbeitgeber rechnet zu wenig Stunden – Ihre Rechte im Bereitschaftsdienst 👆Freistellung als taktisches Element
Im vorliegenden Fall ist eine dreimonatige bezahlte Freistellung bis zum 30.09. vorgesehen – das klingt zunächst attraktiv. Doch möglicherweise steckt darin noch mehr Potenzial.
Verlängerte Freistellung als Verhandlungspunkt
Wenn der Arbeitgeber ohnehin das Arbeitsverhältnis beenden möchte, ist eine längere Freistellung denkbar – etwa bis zum Jahresende. Der Arbeitnehmer hätte dadurch mehr Zeit zur Neuorientierung, während der Arbeitgeber Planungssicherheit gewinnt. Zwar kostet das Unternehmen damit mehr Gehalt, spart jedoch eventuell an anderen Stellen (z. B. Büroplatz, Projekteinbindung, Sozialabgaben).
Psychologische Wirkung auf den Arbeitgeber
Wer mit ruhiger Stimme und sachlicher Argumentation in die Verhandlung geht, erhöht seine Chancen erheblich. Eine transparente Kalkulation mit dem Hinweis auf Alternativen wie Kündigungsschutzklage oder eingeschränkte Verfügbarkeit durch Stresssituationen kann dabei Türen öffnen. Wichtig: Druck erzeugt Gegendruck – Verhandlungsintelligenz ist gefragt.
Provisionsvereinbarung Änderung rechtlich problematisch 👆Sozialauswahl und Fairnessfragen
Ein Aspekt, der besonders emotional sein kann: Warum wurde gerade ich ausgewählt? Auch wenn man sich juristisch nicht gegen jede Entscheidung wehren kann, lohnt ein prüfender Blick auf die Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG.
Kriterien der Sozialauswahl prüfen
Hierbei geht es um Lebensalter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung. Wer in mehreren Punkten besonders schutzbedürftig ist, sollte prüfen lassen, ob die Auswahl sachgerecht erfolgte. Auch hier kann das Argument in die Verhandlung eingebracht werden – mit dem Hinweis, dass ein rechtskonformer Kündigungsprozess für das Unternehmen aufwendiger wäre.
Gespräch mit dem Betriebsrat suchen
Nicht zu unterschätzen ist die Rolle des Betriebsrats. Dieser kann Hinweise auf die generelle Strategie des Arbeitgebers geben und auch intern auf eine faire Behandlung drängen. Oft lohnt sich ein informeller Austausch, bevor man den Vertrag unterschreibt – allein schon, um die eigene Position zu stärken.
Arbeitszeitüberschreitung Rufbereitschaft Schulung 👆Wirtschaftliche Abwägung und Zukunftssicherung
Am Ende stellt sich immer dieselbe Frage: Ist das Angebot wirtschaftlich sinnvoll – oder riskiere ich mehr als ich gewinne?
ALG-Bezugsdauer im Blick behalten
Auch wenn keine Sperrzeit eintritt, kann die Unterschrift unter einem Aufhebungsvertrag die Bezugsdauer des ALG I verkürzen. Wer z. B. 36 Monate gearbeitet hat, hätte Anspruch auf 12 Monate ALG. Kommt das Amt jedoch zu dem Schluss, dass der Vertrag „freiwillig“ war, kann diese Zeit auf 9 Monate reduziert werden (§ 147 SGB III). Das ist keine automatische Konsequenz, aber ein Risiko, das man einkalkulieren sollte.
Eigeninitiative als Sicherheitsnetz
Wer frühzeitig mit Bewerbungen startet, kann die Übergangszeit aktiv gestalten. Es zeigt sich immer wieder: Je länger die bezahlte Freistellung, desto besser sind die Chancen, nahtlos in eine neue Position zu wechseln. Die vermeintlich ungewisse Zukunft kann so zur Chance werden – wenn man bereit ist, selbst aktiv zu werden.
Fristlose Kündigung durch Arbeitgeber rechtens? 👆Fazit
Ein Aufhebungsvertrag kann unter bestimmten Umständen eine sehr kluge Entscheidung sein – besonders dann, wenn ohnehin eine betriebsbedingte Kündigung droht. In diesem Fall erscheint das Angebot mit 0,9 Monatsgehältern pro Jahr, drei Monaten Freistellung und vollem Gehalt durchaus großzügig. Dennoch sollte man genau prüfen, ob der Bonusanteil zu Recht ausgeschlossen wurde, ob eine längere Freistellung sinnvoll wäre und ob man die ALG-Sperrzeit sicher vermeiden kann. Wer die Regelungen zum Thema Aufhebungsvertrag ALG Sperrzeit kennt, kann taktisch verhandeln – ohne unnötige Risiken einzugehen. Und letztlich gilt: Lieber einmal zu viel nachgefragt als eine folgenschwere Unterschrift zu früh geleistet.
Arbeiten während Krankschreibung erlaubt? 👆FAQ
Führt ein Aufhebungsvertrag immer zu einer ALG-Sperrzeit?
Nicht zwingend. Eine Sperrzeit tritt laut § 159 SGB III nur ein, wenn man die Arbeitslosigkeit selbst verursacht. Droht ohnehin eine Kündigung, lässt sich die Sperrzeit bei ALG durch Nachweise vermeiden. Das Stichwort dabei lautet „wichtiger Grund“.
Wird mein Bonus in die Abfindung eingerechnet?
Das hängt vom Einzelfall ab. Ist der Bonus freiwillig und nicht vertraglich garantiert, wird er oft nicht berücksichtigt. Besteht jedoch ein regelmäßiger Anspruch – etwa durch Zielvereinbarungen –, kann man versuchen, ihn in die Abfindung einzubringen. Auch hier lohnt ein sachliches Gespräch mit dem Arbeitgeber.
Kann ich eine längere Freistellung verhandeln?
Ja, das ist durchaus möglich. Eine längere Freistellung – z. B. bis zum Jahresende – kann dem Arbeitgeber Planungssicherheit geben und Ihnen mehr Zeit für die Jobsuche verschaffen. Solche Erweiterungen sind oft realistisch, wenn der Arbeitgeber wirklich eine saubere Trennung anstrebt.
Wird meine Bezugsdauer von ALG I durch die Unterschrift gekürzt?
Möglicherweise. Wenn die Agentur für Arbeit den Aufhebungsvertrag als „freiwillig“ einstuft, kann sich die Bezugsdauer von ALG I um ein Viertel verkürzen (§ 147 SGB III). Deshalb sollte immer dokumentiert werden, dass eine Kündigung ohnehin zu erwarten war.
Sollte ich den Aufhebungsvertrag sofort unterschreiben?
Nicht überstürzt. Auch wenn das Angebot gut klingt: Holen Sie sich rechtlichen Rat ein, prüfen Sie Ihre Verhandlungsposition und lassen Sie das Dokument bewerten. Das Thema Aufhebungsvertrag ALG Sperrzeit ist komplex – eine fundierte Entscheidung schützt vor langfristigem Schaden.
Vergleich nach Kündigung: Was bleibt noch offen? 👆