Bezahlte Stunden im Urlaub korrekt berechnen

Bezahlte Stunden im Urlaub sind nicht immer so eindeutig geregelt, wie man denkt. Gerade wenn ein Arbeitgeber vorübergehend eine höhere tägliche Arbeitszeit anordnet, stellt sich schnell die Frage: Muss auch der Urlaub danach berechnet werden? Genau das schauen wir uns heute im Detail an.

Gesetzliche Grundlage zum Urlaubsentgelt

Wenn Arbeitnehmer während einer Phase mit erhöhter Arbeitszeit Urlaub nehmen, entsteht Unsicherheit: Bekomme ich nur mein übliches Gehalt für 7,5 Stunden – oder gelten die temporären 8 Stunden auch für meine Urlaubstage?

§11 BUrlG als Maßstab

Die wichtigste rechtliche Regelung für diesen Fall findet sich im Bundesurlaubsgesetz – konkret in §11 BUrlG. Dort steht, dass das sogenannte Urlaubsentgelt sich am durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn orientiert. Das heißt: Es zählt nicht, was im Urlaub selbst an Arbeitszeit gegolten hätte, sondern was davor tatsächlich verdient wurde.

Was zählt zur Berechnungsgrundlage?

Neben dem reinen Stundenlohn zählen auch regelmäßige Zuschläge oder Überstundenvergütungen mit in den Durchschnitt. Ein kurzzeitig angehobenes Stundenmaß – zum Beispiel 8 statt 7,5 Stunden täglich – fließt also nur dann in die Urlaubsvergütung ein, wenn es in den letzten 13 Wochen tatsächlich geleistet und vergütet wurde.

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Unterschied zwischen Entgelt und Urlaubsentgelt

Eine häufige Verwechslung führt zu Missverständnissen: Es geht beim Urlaub eben nicht um das normale Arbeitsentgelt, sondern um das sogenannte Urlaubsentgelt. Das ist eine juristisch und praktisch eigenständige Leistung.

Was ist Urlaubsentgelt genau?

Urlaubsentgelt wird für Tage bezahlt, an denen der Arbeitnehmer wegen Urlaubs keine Arbeit leisten muss. Es soll ihm die Möglichkeit geben, sich tatsächlich zu erholen, ohne finanzielle Nachteile zu haben. Es ist keine “Fortzahlung des Gehalts”, sondern ein eigener Vergütungsanspruch, der sich nach dem realen Durchschnittsverdienst richtet.

Abgrenzung zu Entgeltfortzahlung

Bei Krankheit oder Feiertagen wird hingegen das „normale“ Arbeitsentgelt weitergezahlt. Diese Fälle regelt das Entgeltfortzahlungsgesetz (§3 EFZG bei Krankheit, §2 EFZG bei Feiertagen) – und dort gilt der Grundsatz „wie gearbeitet worden wäre“. Genau das unterscheidet sich vom Urlaub.

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Temporäre Arbeitszeitänderungen

Was passiert nun, wenn ein Arbeitgeber beispielsweise für zwei Monate eine tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden statt der üblichen 7,5 Stunden anordnet? Muss das dann auch im Urlaub gelten?

Relevanz der Dauerhaftigkeit

Wenn diese Anhebung verbindlich und dauerhaft (zumindest über mehrere Wochen) erfolgt ist, zählt sie unter Umständen in die Berechnungsgrundlage – aber eben nur, wenn sie im 13-Wochen-Zeitraum vor dem Urlaub liegt. Wurde die Änderung erst am Tag des Urlaubsbeginns eingeführt, bleibt sie unberücksichtigt.

Freiwillige oder angeordnete Änderung?

Entscheidend ist auch, ob die Mehrarbeit verbindlich angeordnet oder freiwillig geleistet wurde. Nur bei einer klaren betrieblichen Anordnung zählt die höhere Stundenzahl wirklich für die Berechnung des Durchschnitts mit – spontane oder freiwillige Überstunden nicht.

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Konkretes Beispiel zur Berechnung

Ein Beispiel macht das Ganze greifbarer: Angenommen, eine Arbeitnehmerin hatte in den letzten 13 Wochen vor ihrem Urlaub aufgrund betrieblicher Anordnung jeden Tag 8 Stunden gearbeitet. Ihre übliche Arbeitszeit beträgt sonst 7,5 Stunden. Sie bekommt also während ihres Urlaubs ein Urlaubsentgelt, das sich auf Basis der 8 Stunden berechnet – weil diese im maßgeblichen Zeitraum tatsächlich geleistet wurden.

Sonderfall: Urlaubsantrag vor Arbeitszeitänderung

Wenn der Urlaub bereits beantragt und genehmigt war, bevor die Arbeitszeitänderung kam, stellt sich die Frage: Welche Grundlage gilt? Auch hier kommt es auf den Durchschnitt der letzten 13 Wochen an – der Zeitpunkt der Genehmigung ist für das Urlaubsentgelt unerheblich.

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Arbeitsvertragliche und tarifliche Regelungen

Natürlich gilt: Der gesetzliche Standard aus dem Bundesurlaubsgesetz ist nur die Mindestregelung. Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträge können andere – und oft günstigere – Regelungen enthalten.

Bessere Regelungen durch Tarifverträge?

Manche Tarifverträge sehen vor, dass Urlaubstage grundsätzlich mit der aktuellen täglichen Arbeitszeit vergütet werden – unabhängig vom Durchschnitt. In solchen Fällen gilt die tarifliche Vorgabe. Daher lohnt sich ein Blick in den eigenen Arbeits- oder Tarifvertrag immer.

Rücksprache mit dem Betriebsrat

Wer unsicher ist, sollte sich an den Betriebsrat oder die Personalabteilung wenden. Gerade bei wiederkehrenden Arbeitszeitänderungen (z. B. durch saisonale Schwankungen) gibt es oft hausinterne Auslegungen oder Vereinbarungen.

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Rechtsprechung zur Urlaubsvergütung

In der Rechtsprechung wurde mehrfach bestätigt, dass §11 BUrlG eine objektive, vergangenheitsbezogene Berechnungsgrundlage darstellt. Das Bundesarbeitsgericht hat dazu klare Vorgaben gemacht.

BAG, Urteil vom 20. März 2012 – 9 AZR 529/10

In diesem Fall ging es um einen Busfahrer, der über Monate hinweg unregelmäßige Dienste hatte. Das Gericht entschied: Maßgeblich ist der reale Verdienst in den letzten 13 Wochen – nicht der hypothetische Einsatzplan während des Urlaubs. Dieses Urteil ist bis heute zentral für die Auslegung von §11 BUrlG.

Kein Einfluss geplanter Schichtmodelle

Selbst wenn der Dienstplan für die Urlaubszeit eine hohe Stundenzahl vorsieht, gilt das nicht automatisch für das Urlaubsentgelt – es kommt nur auf den vergangenen Verdienst an. Damit wird verhindert, dass Arbeitgeber durch taktische Einsatzplanung Einfluss auf Urlaubsvergütung nehmen.

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Was tun bei Unstimmigkeiten?

Manchmal versucht der Arbeitgeber, nur die regulären Stunden zu vergüten – obwohl faktisch deutlich mehr gearbeitet wurde. In solchen Fällen ist Vorsicht und rechtliche Klarheit gefragt.

Beweissicherung ist entscheidend

Wichtig ist, dass Arbeitnehmer ihre tatsächlichen Arbeitsstunden der letzten 13 Wochen nachweisen können – durch Lohnabrechnungen, Stundenzettel oder Zeiterfassungssysteme. Ohne belastbaren Nachweis ist eine Korrektur oft schwer durchsetzbar.

Rechtsberatung kann helfen

Wer sich unsicher ist oder auf Widerstand beim Arbeitgeber stößt, sollte eine anwaltliche Prüfung in Erwägung ziehen. Gerade bei systematischer Untervergütung von Urlaubsentgelt können auch kollektivrechtliche Schritte denkbar sein.

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Fazit

Die Frage, wie bezahlte Stunden im Urlaub korrekt berechnet werden, ist komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Wer während eines Urlaubszeitraums von einer erhöhten betrieblichen Arbeitszeit betroffen ist, muss sich nicht auf hypothetische Pläne verlassen, sondern auf handfeste Zahlen: Maßgeblich ist der Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen – so will es §11 BUrlG. Das schützt Arbeitnehmer zuverlässig davor, dass kurzfristige Änderungen zu Nachteilen führen.

Arbeitgeber dürfen also nicht einfach behaupten, die höhere Arbeitszeit gelte im Urlaub automatisch. Umgekehrt profitieren Arbeitnehmer nur dann davon, wenn sie im maßgeblichen Zeitraum tatsächlich mehr gearbeitet haben. Wer seine bezahlten Stunden im Urlaub überprüfen möchte, sollte daher immer einen genauen Blick auf Lohnabrechnungen und Stundenzettel werfen – oder im Zweifel rechtlichen Rat einholen.

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FAQ

Muss der Arbeitgeber während des Urlaubs die angehobenen 8 Stunden pro Tag bezahlen?

Nur wenn die 8 Stunden bereits im 13-Wochen-Zeitraum vor dem Urlaub regelmäßig gearbeitet und vergütet wurden. Ansonsten zählt der Durchschnitt und nicht der neue Plan.

Was ist, wenn die Arbeitszeiterhöhung genau am ersten Urlaubstag beginnt?

Dann fließt diese Erhöhung nicht in die Berechnung des Urlaubsentgelts ein. Es zählt ausschließlich der Zeitraum vor Urlaubsbeginn.

Zählen freiwillige Überstunden auch zum Urlaubsentgelt?

Freiwillige Überstunden fließen nur ein, wenn sie regelmäßig und in relevanter Höhe vorkamen. Nur angeordnete Überstunden haben automatisch Einfluss auf den Durchschnittsverdienst.

Mein Arbeitgeber zahlt mir nur 7,5 Stunden, obwohl wir 8 arbeiten – ist das rechtens?

Wenn in den letzten 13 Wochen tatsächlich 8 Stunden täglich gearbeitet wurden, ist das nicht rechtens. In dem Fall sollte das Urlaubsentgelt ebenfalls auf 8 Stunden basieren.

Kann ich rückwirkend eine Korrektur der Urlaubsvergütung fordern?

Ja, das ist möglich. Die allgemeine Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (§195 BGB), also kann man innerhalb dieser Frist Ansprüche geltend machen.

Gilt §11 BUrlG auch für Minijobber oder Teilzeitkräfte?

Ja, auch bei Minijobs oder Teilzeitbeschäftigungen gilt §11 BUrlG. Entscheidend ist immer der individuelle Durchschnittsverdienst.

Gibt es Ausnahmen in Tarifverträgen?

Ja, viele Tarifverträge enthalten Sonderregelungen zur Berechnung des Urlaubsentgelts. Diese können günstiger sein als die gesetzliche Regelung.

Was ist, wenn ich in den letzten 13 Wochen kaum gearbeitet habe?

Dann fällt das Urlaubsentgelt entsprechend niedriger aus. Hier kann es sinnvoll sein, mit dem Arbeitgeber über einen Härtefallausgleich zu sprechen.

Wer hilft mir, wenn mein Arbeitgeber sich weigert korrekt zu zahlen?

In solchen Fällen kann ein Fachanwalt für Arbeitsrecht helfen. Auch Gewerkschaften oder Betriebsräte bieten häufig Unterstützung an.

Wie kann ich nachweisen, wie viele Stunden ich gearbeitet habe?

Am besten eignen sich Lohnabrechnungen, Stundenzettel oder digitale Zeiterfassung. Ohne Nachweise ist eine spätere Geltendmachung schwer durchsetzbar.

 

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