Wenn eine Bonuszahlung vereinbart wurde, aber dann plötzlich anteilig gekürzt wird – wie reagiert man rechtlich korrekt darauf? Genau diese Frage beschäftigt viele Beschäftigte, vor allem wenn keine klare Jahresregelung im Vertrag steht. Ob die Bonuszahlung anteilig rechtens ist, klären wir mit Blick auf ein konkretes Beispiel.
Bonusvereinbarung nach Jobbeginn – ein Fallbeispiel
Ein Arbeitnehmer beginnt am 1. April 2024 einen neuen Job. In der Verhandlung wird eine Bonuszahlung in Höhe von 10.000 € vereinbart, sollte er seine Ziele bis Jahresende erreichen. Diese Ziele werden laut seiner Aussage auch erfüllt. Statt der vollen Summe zahlt der Arbeitgeber jedoch nur einen anteiligen Bonus aus – mit der Begründung, dass der Mitarbeiter nicht das gesamte Kalenderjahr beschäftigt war. Im Vertrag steht nichts von einer zeitlichen Einschränkung oder einer pro-rata-Regelung.
Die Unsicherheit ist groß: Hätte er Anspruch auf die volle Bonuszahlung? Oder darf der Arbeitgeber die Summe rechtmäßig kürzen?
Vorstrafe Erzieherin Betrug: Kündigung möglich? 👆Bedeutung der vertraglichen Formulierung
Die wichtigste Grundlage bei Bonuszahlungen ist immer die konkrete vertragliche Vereinbarung. Wenn im Arbeits- oder Bonusvertrag eindeutig geregelt ist, dass die Bonuszahlung für das gesamte Kalenderjahr nur bei durchgängiger Beschäftigung gezahlt wird, darf eine anteilige Kürzung vorgenommen werden.
Fehlt jedoch eine solche Regelung – wie im geschilderten Fall – kann das zu Gunsten des Arbeitnehmers ausgelegt werden. Denn bei unklarer Vertragsformulierung greift im Zweifel das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dieses besagt, dass der Vertragspartner – also der Arbeitgeber – klare und verständliche Regelungen schaffen muss.
Teilzeit Elternzeit Überstunden: Was ist erlaubt? 👆Zielerreichung als maßgeblicher Faktor
Wurde vereinbart, dass der Bonus zielgebunden ist, kommt es primär auf den Nachweis der Zielerreichung an. In diesem Fall spricht der Mitarbeiter davon, dass er seine Ziele für 2024 erreicht hat. Wird dies objektiv festgestellt – etwa durch eine vorher festgelegte Zielvereinbarung –, dann besteht grundsätzlich auch ein Anspruch auf den Bonus, sofern keine andere Bedingung schriftlich vereinbart wurde.
Ein Arbeitgeber kann sich dann nicht nachträglich darauf berufen, dass nur eine anteilige Zahlung vorgesehen war, wenn dies nicht ausdrücklich im Vertrag steht.
Befristete Versetzung Öffentlicher Dienst gescheitert 👆Rechtsprechung zur anteiligen Bonuszahlung
Die Gerichte haben sich mehrfach mit ähnlichen Fällen beschäftigt. In einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 13. Mai 2015 – 10 AZR 191/14) wurde entschieden, dass Bonuszahlungen, die allein von der Zielerreichung abhängig sind, nicht automatisch anteilig gekürzt werden dürfen, nur weil der Mitarbeiter unterjährig eingetreten ist – sofern nichts anderes vereinbart wurde.
Ebenso wurde in BAG, Urteil vom 12. April 2011 – 1 AZR 412/09 klargestellt, dass eine Kürzung nur dann zulässig ist, wenn sie transparent, nachvollziehbar und vertraglich klar geregelt ist.
Kündigung Minusstunden Gehaltsabzug vermeiden 👆Unterschiede zwischen Einmalzahlung und Jahresbonus
Ein entscheidender Punkt liegt auch in der Bezeichnung der Bonuszahlung. Wird im Vertrag eine Einmalzahlung festgehalten, ist davon auszugehen, dass es sich um einen individuell vereinbarten Bonus für ein spezifisches Jahr handelt – also nicht um einen jährlich wiederkehrenden Jahresbonus.
Ein Jahresbonus hingegen wird oft tarifvertraglich oder betrieblich geregelt und kann automatisch anteilig berechnet werden, je nach Betriebszugehörigkeit im betreffenden Jahr.
Urlaub kurzfristig planen rechtlich erlaubt? 👆Wann Arbeitgeber anteilen dürfen
Nur wenn es eine ausdrückliche Regelung im Vertrag gibt, dass der Bonus anteilig entsprechend der Beschäftigungsdauer gezahlt wird, kann der Arbeitgeber dies rechtlich sicher tun. Fehlt eine solche Klausel, wird vor Gericht meist zu Gunsten des Arbeitnehmers entschieden, sofern die Ziele erreicht wurden.
Wichtig ist dabei auch, ob der Arbeitnehmer selbstständig gekündigt hat oder das Arbeitsverhältnis über das Jahresende hinaus besteht. Denn einige Boni enthalten Rückzahlungsklauseln oder werden nur ausgezahlt, wenn der Arbeitnehmer zum Stichtag (z. B. 31.12.) noch im Unternehmen ist.
Versetzung ohne Zustimmung Betriebsrat erlaubt? 👆Handlungsempfehlung bei Kürzung
Wenn Sie sich in einer ähnlichen Lage befinden, empfiehlt es sich, die Bonusvereinbarung schriftlich zu prüfen – idealerweise gemeinsam mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht. Lassen sich dort keine Anhaltspunkte für eine anteilige Regelung finden und ist die Zielerreichung objektiv messbar und belegt, kann ein voller Anspruch bestehen.
Zudem sollten Sie, wenn möglich, schriftlich kommunizieren, dass Sie mit der Kürzung nicht einverstanden sind. Das kann eine spätere rechtliche Geltendmachung erleichtern.
Bonuszahlung Kürzung rechtens? 👆Bonuszahlung und Gleichbehandlung
Ein weiterer Aspekt ist der Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 75 Abs. 1 BetrVG. Wenn im Unternehmen vergleichbare Mitarbeiter bei ähnlicher Leistung den vollen Bonus erhalten und nur der unterjährig Eingestellte benachteiligt wird – ohne sachlichen Grund –, kann das eine Diskriminierung darstellen.
Der Arbeitgeber muss hier nachweisen, dass ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung vorliegt, etwa weil im Vertrag eine andere Vereinbarung steht oder die Ziele anders gewichtet wurden.
Kündigung falsche Frist Arbeitsamt verweigert ALG? 👆Was tun bei Unklarheit im Vertrag?
Liegt ein Formulierungsfehler oder eine Auslassung im Vertrag vor, kann dies ausgelegt werden. Dabei gilt: Unklarheiten gehen in der Regel zu Lasten des Verwenders, also des Arbeitgebers.
§ 305c Abs. 2 BGB greift in solchen Fällen und schützt den Arbeitnehmer vor überraschenden oder missverständlichen Klauseln. Dies gilt besonders bei Standardverträgen ohne individuelle Anpassung.
Schützenverein: Fehlzündung bei Übung trifft Teilnehmer Fahrlässige Körperverletzung 👆Perspektive des Arbeitgebers
Natürlich kann auch der Arbeitgeber Argumente haben: Wenn etwa ein Bonus auf Basis des Unternehmenserfolgs gezahlt wird, kann er argumentieren, dass die Leistung eines unterjährig eingetretenen Mitarbeiters anteilig weniger Beitrag leistet. In solchen Fällen kommt es auf die Transparenz der Zielvereinbarung an – und ob die Zahlung wirklich individuell oder kollektiv begründet wurde.
Zahnarzt verletzt Nerv bei Behandlung – bleibende Schäden Fahrlässige Körperverletzung 👆Fazit
Eine anteilige Bonuszahlung kann nur dann rechtens sein, wenn dies vertraglich eindeutig geregelt wurde. Fehlt eine solche Regelung, insbesondere bei einer individuell vereinbarten Einmalzahlung mit klaren Zielen, spricht vieles dafür, dass der volle Betrag auch bei unterjährigem Eintritt zu zahlen ist. Entscheidend ist dabei stets die genaue Formulierung im Vertrag sowie die Nachweisbarkeit der Zielerreichung. Arbeitgeber tragen hier eine besondere Verantwortung für Klarheit und Transparenz. Wer sich unsicher ist, ob eine Bonuszahlung anteilig rechtens ist, sollte nicht zögern, rechtlichen Rat einzuholen – vor allem wenn die Bonuszahlung eine zentrale Rolle im Gehaltspaket spielt.
FAQ
Gilt eine anteilige Bonuszahlung automatisch bei unterjährigem Arbeitsbeginn?
Nein, nur wenn im Vertrag ausdrücklich eine anteilige Regelung vereinbart wurde. Ansonsten besteht bei Zielerreichung Anspruch auf die volle Summe.
Muss die Bonuszahlung im Vertrag als „Einmalzahlung“ bezeichnet sein?
Nicht zwingend, aber die Bezeichnung hilft bei der Auslegung. Eine „Einmalzahlung“ spricht eher gegen eine automatische Kürzung.
Was passiert, wenn im Vertrag keine Dauer genannt ist?
Fehlt eine Jahresangabe oder Regelung zur Dauer, kann dies im Zweifel zugunsten des Arbeitnehmers gewertet werden – vor allem bei objektiver Zielerreichung.
Kann ein Arbeitgeber später einfach die Auszahlung kürzen?
Nur bei klarer Vertragsgrundlage. Ohne vorherige Regelung ist eine solche Kürzung oft nicht zulässig und kann rechtlich angegriffen werden.
Wie kann ich mich gegen eine gekürzte Bonuszahlung wehren?
Zunächst schriftlich widersprechen und den Vertrag prüfen (lassen). Bei Bedarf hilft ein Fachanwalt für Arbeitsrecht weiter.
Spielt der Gleichbehandlungsgrundsatz bei Bonuszahlungen eine Rolle?
Ja, wenn andere vergleichbare Kollegen den vollen Bonus erhalten, kann eine anteilige Kürzung eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung darstellen.
Gilt der Anspruch auch bei befristeten Verträgen?
Grundsätzlich ja – entscheidend ist die Zielerreichung und was vertraglich zur Bonuszahlung geregelt ist.
Was bedeutet das Transparenzgebot in diesem Zusammenhang?
Laut § 307 BGB müssen Vertragsklauseln klar und verständlich sein. Unklare Formulierungen werden zulasten des Arbeitgebers ausgelegt.
Gibt es relevante Urteile zur Bonuszahlung?
Ja, z. B. das BAG-Urteil vom 13.05.2015 (10 AZR 191/14), das eine anteilige Kürzung ohne vertragliche Grundlage für unzulässig erklärt.
Ist eine Bonuszahlung steuerfrei?
Nein, Bonuszahlungen sind steuerpflichtiges Einkommen und unterliegen auch der Sozialversicherungspflicht.