Feiertagsbezahlung im Einzelhandel ist ein Thema, das viele Beschäftigte frustriert, vor allem wenn flexible Ruhetage so gelegt werden, dass sie auf gesetzliche Feiertage fallen. Die Unsicherheit ist groß: Muss der Arbeitgeber den Feiertag trotzdem bezahlen? Darf er Urlaubstage abziehen, obwohl ein Feiertag in die Woche fällt? Genau diese Fragen wollen wir hier einmal gründlich und leicht verständlich beleuchten.
Beispiel aus dem Einzelhandel
Eine Verkäuferin arbeitet 37,5 Stunden pro Woche, verteilt auf fünf Arbeitstage. Der Arbeitgeber legt den freien Tag flexibel fest, mal mittwochs, mal donnerstags. Fällt nun ein Feiertag wie der Ostermontag auf einen geplanten Arbeitstag, verschiebt der Arbeitgeber den Ruhetag genau auf diesen Feiertag – und zahlt ihn nicht. Zusätzlich werden in Urlaubswochen mit einem Feiertag nicht fünf, sondern sechs Urlaubstage vom Konto abgezogen. Solche Konstellationen führen schnell zu Konflikten, weil sie direkt ins Gehalt und in den Urlaubsanspruch eingreifen.
Kündigung während Krankheit anfechten – Ihre Chancen 👆Rechtliche Grundlagen zur Feiertagsbezahlung
Das deutsche Entgeltfortzahlungsgesetz (§ 2 EFZG) verpflichtet den Arbeitgeber, den Lohn an gesetzlichen Feiertagen fortzuzahlen, wenn der Arbeitnehmer normalerweise an diesem Tag gearbeitet hätte. Der springende Punkt ist also, ob für den Feiertag eine Arbeitspflicht bestanden hätte. Bei flexiblen Ruhetagen muss geprüft werden, ob die Schichtplanung gezielt so angepasst wurde, dass der Feiertag zum Ruhetag wird. Wird das systematisch praktiziert, kann es sich um einen Rechtsmissbrauch handeln.
Beweislast und Nachweispflicht
In der Praxis muss der Arbeitnehmer darlegen, dass er üblicherweise an diesem Wochentag gearbeitet hat. Aus Dienstplänen oder Stundenlisten der vergangenen Monate lässt sich erkennen, ob der Feiertag nur zufällig oder gezielt als Ruhetag geplant wurde. Manche Gerichte haben hier eine Vermutung zugunsten des Arbeitnehmers angenommen, die der Arbeitgeber widerlegen muss, wenn auffällig viele Feiertage auf den Ruhetag fallen.
Werkstudent Kündigung rechtlich prüfen 👆Urlaubstage bei Feiertagen
Nach dem Bundesurlaubsgesetz (§ 3 BUrlG) hat ein Arbeitnehmer bei einer 6-Tage-Woche Anspruch auf 24 Werktage Urlaub. In einer 5-Tage-Woche wird der gesetzliche Mindesturlaub entsprechend umgerechnet, typischerweise auf 20 Arbeitstage. Fällt ein gesetzlicher Feiertag in die Urlaubszeit, darf dieser Tag nicht als Urlaubstag angerechnet werden, weil keine Arbeitspflicht besteht. Wird dennoch abgezogen, ist das fehlerhaft.
Unterschiede zwischen Werktagen und Arbeitstagen
Ein häufiger Streitpunkt entsteht, wenn im Arbeitsvertrag der Urlaub in Werktagen angegeben ist, aber tatsächlich nur an fünf Tagen pro Woche gearbeitet wird. Arbeitgeber dürfen nicht einfach sechs Tage pro Urlaubswoche abziehen, wenn vertraglich eine 5-Tage-Woche gilt. Hier muss klar zwischen Werktagen (Montag bis Samstag) und individuellen Arbeitstagen unterschieden werden.
Autofahrer übersieht Fußgänger auf Zebrastreifen Fahrlässige Körperverletzung 👆Handlungsmöglichkeiten für Beschäftigte
Wer den Verdacht hat, dass der Arbeitgeber Feiertage gezielt als Ruhetage einplant oder Urlaubstage zu Unrecht abzieht, sollte zunächst das Gespräch suchen. Oft handelt es sich um Missverständnisse in der Auslegung von Arbeits- oder Tarifverträgen. Wenn das nicht hilft, kann der Betriebsrat eingeschaltet werden. Ohne Betriebsrat bleibt der Weg über eine schriftliche Aufforderung zur Korrektur oder, falls nötig, eine Klage beim Arbeitsgericht.
Vertragsprüfung und Dokumentation
Zunächst sollte geprüft werden, ob im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag Regelungen zu Ruhetagen, Feiertagen und Urlaubsberechnung enthalten sind. Fehlen klare Vorgaben, kann der Arbeitgeber zwar flexibel planen, aber nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise. Parallel ist es ratsam, mindestens sechs Monate lang den Schichtplan und die Lage der Feiertage zu dokumentieren.
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Die Rechtsprechung ist hier differenziert. Das Bundesarbeitsgericht hat mehrfach betont, dass bei einer variablen Arbeitszeitgestaltung der Feiertag nur dann nicht zu vergüten ist, wenn nachweislich keine Arbeitspflicht bestanden hätte (BAG, Urteil vom 16.10.2013 – 10 AZR 9/13). Im Umkehrschluss bedeutet das: Besteht der Verdacht, dass die Planung gezielt angepasst wurde, um die Zahlung zu vermeiden, kann dies erfolgreich angefochten werden.
Beispielhafte Entscheidung
Ein Landesarbeitsgericht entschied, dass ein Arbeitgeber den Feiertag bezahlen musste, weil der Arbeitnehmer in den vorangegangenen Monaten fast immer an diesem Wochentag gearbeitet hatte und keine betrieblichen Gründe für die Ausnahme vorlagen. Diese Entscheidung zeigt, dass Gerichte auf wiederkehrende Muster achten.
Arbeitsunterlagen Rückgabe nach Aufhebungsvertrag 👆Besonderheiten im Einzelhandel
Gerade im Einzelhandel mit langen Öffnungszeiten und Wochenendarbeit wird oft mit flexiblen Schichtsystemen gearbeitet. Das darf aber nicht dazu führen, dass Arbeitnehmer faktisch schlechter gestellt werden. Tarifverträge, wie der Manteltarifvertrag für den Einzelhandel, enthalten meist Schutzregelungen, die eine gleichmäßige Verteilung der freien Tage vorsehen. Wer Mitglied einer Gewerkschaft ist, kann sich hier gezielt beraten lassen.
Rolle des Betriebsrats
In Betrieben mit Betriebsrat ist dieser bei der Verteilung der Arbeitszeit mitbestimmungspflichtig (§ 87 BetrVG). Das umfasst auch die Lage der freien Tage. Wird ein Feiertag zum Ruhetag erklärt, ohne dass der Betriebsrat zugestimmt hat, kann dies rechtswidrig sein.
Insolvenz in Eigenverantwortung: Kündigung ohne Verfahren? 👆Präventive Strategien für Arbeitnehmer
Langfristig hilft es, im Arbeitsvertrag klare Vereinbarungen zur Verteilung der Arbeitstage und zur Behandlung von Feiertagen zu treffen. Wer neu im Unternehmen ist, sollte diese Punkte bereits bei Vertragsschluss ansprechen. Außerdem kann es sinnvoll sein, im Team gemeinsam auf faire Rotationspläne zu achten.
Auszahlung Urlaubstage nach Kündigung richtig verstehen 👆Fazit
Die Frage der Feiertagsbezahlung im Einzelhandel ist juristisch klarer geregelt, als viele denken, wird aber in der Praxis oft falsch umgesetzt. Entscheidend ist, ob an dem Feiertag regulär Arbeitspflicht bestanden hätte. Wird ein Feiertag gezielt als Ruhetag gelegt, um die Zahlung zu umgehen, kann das rechtsmissbräuchlich sein. Ebenso dürfen Urlaubstage nicht einfach gekürzt werden, wenn ein Feiertag in den Urlaubszeitraum fällt. Wer solche Ungereimtheiten feststellt, sollte Vertrags- und Tarifregelungen prüfen, Arbeitspläne dokumentieren und gegebenenfalls den Betriebsrat oder das Arbeitsgericht einschalten. Eine saubere Dokumentation und Kenntnis der eigenen Rechte sind hier der Schlüssel, um die Feiertagsbezahlung im Einzelhandel durchzusetzen.
Fahrlässige Körperverletzung Voraussetzungen 👆FAQ
Muss der Arbeitgeber Feiertage im Einzelhandel immer bezahlen?
Nur wenn an diesem Tag regulär Arbeitspflicht bestanden hätte, muss der Arbeitgeber nach § 2 EFZG den Lohn fortzahlen.
Was tun, wenn der Feiertag immer auf meinen Ruhetag fällt?
Zunächst den Schichtplan der letzten Monate dokumentieren. Bei auffälligen Mustern kann Rechtsmissbrauch vorliegen, den Sie ansprechen oder gerichtlich klären lassen können.
Darf der Arbeitgeber in einer Urlaubswoche mit Feiertag sechs Urlaubstage abziehen?
Nein, bei einer vertraglichen 5-Tage-Woche darf ein gesetzlicher Feiertag nicht als Urlaubstag angerechnet werden.
Wie beweise ich, dass der Feiertag sonst ein Arbeitstag gewesen wäre?
Dienstpläne, Zeiterfassungen oder Schichtlisten der letzten Monate eignen sich als Nachweis.
Spielt der Betriebsrat bei der Lage der Ruhetage eine Rolle?
Ja, nach § 87 BetrVG hat der Betriebsrat Mitbestimmungsrecht bei der Arbeitszeitverteilung, inklusive Ruhetagen.
Gilt die Feiertagsbezahlung auch für Teilzeitkräfte im Einzelhandel?
Ja, sofern der Feiertag auf einen regulären Arbeitstag fällt, haben auch Teilzeitkräfte Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Was, wenn im Arbeitsvertrag nichts zu Feiertagen steht?
Dann gilt automatisch die gesetzliche Regelung des EFZG. Flexible Planung darf nicht zu einer Benachteiligung führen.
Können Tarifverträge von der gesetzlichen Regel abweichen?
Ja, Tarifverträge können günstigere oder spezifischere Regelungen enthalten, die Vorrang haben.
Lohnt es sich, gewerkschaftliche Hilfe in Anspruch zu nehmen?
Definitiv, Gewerkschaften kennen die branchenspezifischen Tarifverträge und können rechtlich unterstützen.
Ab wann sollte ich rechtliche Schritte einleiten?
Wenn ein Gespräch mit dem Arbeitgeber oder der Betriebsrat keine Klärung bringt und die fehlerhafte Handhabung wiederholt auftritt.
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