Fristlose Kündigung Folgen können weit über den Arbeitsplatzverlust hinausreichen. Wer glaubt, sich durch provoziertes Fehlverhalten elegant aus einem Vertrag stehlen zu können, läuft Gefahr, mit rechtlichen, finanziellen und auch berufsethischen Konsequenzen konfrontiert zu werden. Aber wie sieht das genau aus, wenn jemand mutwillig eine fristlose Kündigung provoziert?
Rechtliche Einordnung der fristlosen Kündigung
Eine fristlose Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung. Sie ist gemäß § 626 BGB nur zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar macht. Bei sexueller Belästigung, wie im Fall Anton, liegt zweifellos ein solcher Grund vor.
Voraussetzungen nach § 626 BGB
Das Gesetz verlangt eine Interessenabwägung. Einerseits muss das Verhalten des Arbeitnehmers objektiv schwerwiegend sein, andererseits darf keine mildere Maßnahme – wie eine Abmahnung – mehr infrage kommen. Da Anton bereits abgemahnt wurde und sich dennoch erneut übergriffig verhalten hat, ist die Kündigung voraussichtlich wirksam.
Kündigungsschutz und Klageoption
Auch bei einer fristlosen Kündigung hat der Arbeitnehmer das Recht, innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage gemäß § 4 KSchG zu erheben. Erfolgsaussichten bestehen aber nur dann, wenn das Fehlverhalten bestritten oder nicht beweisbar ist – was hier bei Zeugen in der Kaffeeküche kaum der Fall ist.
Fehlende Tätigkeiten Arbeitszeugnis: Beweise? 👆Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld
Nach einer verhaltensbedingten fristlosen Kündigung wird in der Regel eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld verhängt.
Sperrzeit durch Eigenverschulden
Laut § 159 SGB III verhängt die Agentur für Arbeit eine zwölfwöchige Sperrzeit, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitslosigkeit durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten selbst herbeigeführt hat. Antons sexuelles Fehlverhalten erfüllt genau diesen Tatbestand – die Sperrzeit ist damit fast sicher.
Gibt es Ausnahmen?
Nur wenn ein wichtiger Grund für das Verhalten vorliegt, entfällt die Sperrzeit. Im Beispiel von Anton ist das aber ausgeschlossen. Sein Verhalten ist objektiv und subjektiv nicht zu rechtfertigen – und auch nicht nachvollziehbar.
Kündigung nach langer Krankheit: Was tun jetzt? 👆Rückkehr ins Unternehmen erzwingen?
Ein interessanter Aspekt ist die Frage, ob das Unternehmen Anton zwingen könnte, zurückzukehren, um Wissen zu übertragen.
Kein Zwang zur Weiterbeschäftigung
Mit Zugang der fristlosen Kündigung ist das Arbeitsverhältnis rechtlich beendet. Ein Zwang zur Rückkehr ist ausgeschlossen, da kein Beschäftigungsverhältnis mehr besteht. Auch ein Rücktritt von der Kündigung durch den Arbeitgeber ist einseitig nicht möglich.
Wissensweitergabe freiwillig möglich
Das Unternehmen kann versuchen, Anton für eine Übergangsberatung oder Wissensweitergabe zu gewinnen – auf freiwilliger Basis. Eine Vergütung oder vertragliche Grundlage wäre dafür jedoch zwingend notwendig. Ein Anspruch darauf besteht nicht.
Urlaubsanspruch TVöD Mitte Monat: Was gilt wirklich? 👆Arbeitswechsel zur Konkurrenz erlaubt?
Nun stellt sich die Frage, ob Anton direkt zur Konkurrenz gehen und dort Kundendaten oder Kontakte verwenden darf.
Kein Wettbewerbsverbot ohne Klausel
Grundsätzlich darf Anton zur Konkurrenz wechseln, sofern kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart wurde. Solche Klauseln sind nur dann wirksam, wenn sie schriftlich fixiert wurden und eine Karenzentschädigung nach § 74 HGB enthalten. Liegt das nicht vor, ist der Wechsel rechtlich möglich.
Nutzung von Kundenwissen problematisch
Auch ohne Wettbewerbsverbot ist es rechtlich heikel, betriebsinterne Informationen wie Kundenlisten oder Preisstrategien mitzunehmen. Solche Daten gelten als Geschäftsgeheimnisse im Sinne von § 2 GeschGehG. Ihre Verwendung kann Unterlassungs- oder sogar Schadensersatzansprüche nach sich ziehen.
Persönliche Bekanntheit vs. Datenmissbrauch
Kennt Anton die Kunden „auswendig“, ist das rechtlich kaum angreifbar. Er darf Beziehungen nutzen – aber keine gespeicherten Informationen oder Datensätze. Entscheidend ist, ob er „allgemeines Wissen“ nutzt oder gezielt Betriebsgeheimnisse verwertet.
Urlaubsanspruch bei 3 Arbeitstagen richtig berechnen 👆Kündigung provozieren als Schlupfloch?
Spannend wird es bei der Überlegung, ob jemand absichtlich so handelt, dass er gekündigt wird, um eine lange Kündigungsfrist zu umgehen.
Pflichtverletzung als Kündigungsstrategie
Theoretisch funktioniert das. Praktisch jedoch ist es brandgefährlich. Wer bewusst gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstößt, um fristlos entlassen zu werden, handelt in Schlechtgläubigkeit. Das kann zu Schadensersatzansprüchen führen – etwa wenn Projekte scheitern, weil Anton nicht mehr verfügbar ist.
Mögliche zivilrechtliche Folgen
Ein vorsätzlich herbeigeführter Vertragsbruch kann zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Unternehmen könnten nach § 280 BGB Schadensersatz verlangen, etwa für entgangene Aufträge oder Reputationsverlust. Diese Ansprüche sind schwer durchzusetzen, aber nicht ausgeschlossen.
Strafrechtlicher Graubereich
Noch brisanter wird es, wenn Anton Kolleginnen zum Teil ins Vertrauen zieht, damit sie falsche Anschuldigungen machen. Hier droht Strafbarkeit wegen falscher Verdächtigung (§ 164 StGB) oder sogar Anstiftung dazu. Unternehmen YYY, das so ein Verhalten billigt, könnte sich ebenfalls strafbar machen.
Betriebsurlaub keine Urlaubstage: Was darf der Chef? 👆Rechtliche Bewertung der Gesamtsituation
Zusammengefasst lässt sich sagen: Die Folgen einer fristlosen Kündigung sind komplex – insbesondere wenn sie provoziert wurde. Der Verlust von Arbeitslosengeld, mögliche Sperrzeiten, zivilrechtliche Ansprüche und auch strafrechtliche Konsequenzen stehen im Raum. Es handelt sich keineswegs um einen „Trick“, sondern um ein riskantes Spiel mit dem Gesetz.
Arbeitsrechtlich sauber bleiben
Wer wirklich wechseln will, sollte eine einvernehmliche Aufhebung oder Versetzung anstreben. Alternativ gibt es die Möglichkeit, Urlaub oder Überstunden abzubauen. Der offene Bruch mit dem Arbeitsvertrag ist ein schlechtes Mittel, um ans Ziel zu kommen – auch wenn das neue Unternehmen „sehnsüchtig“ wartet.