Gehaltsverschwiegenheit Arbeitsvertrag – allein dieser Begriff sorgt in vielen Unternehmen regelmäßig für hitzige Diskussionen. Aber darf ein Arbeitgeber wirklich verbieten, dass Kolleginnen und Kollegen untereinander über ihre Gehälter sprechen? Oder ist das schlicht unwirksam? Wer sich unsicher ist, sollte jetzt unbedingt weiterlesen – denn es geht hier um mehr als nur Plauderei. Es geht um Transparenz, Rechte und Gerechtigkeit im Arbeitsverhältnis.
Allgemeine Vertragsklauseln zur Verschwiegenheit
In vielen Arbeitsverträgen findet sich eine allgemeine Verschwiegenheitsklausel, die besagt, dass nicht allgemein bekannte Unternehmensinterna geheim zu halten sind. Auf den ersten Blick klingt das völlig logisch: Niemand soll Betriebsgeheimnisse ausplaudern. Doch was fällt eigentlich darunter – und ist das Gehalt wirklich ein solches Geheimnis?
Hier lohnt sich ein Blick auf die Rechtsprechung. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (z. B. Urteil vom 25.04.2001 – 5 AZR 413/99) sind Informationen über das eigene Gehalt in der Regel kein schutzwürdiges Geschäftsgeheimnis. Das bedeutet: Arbeitnehmer dürfen über ihr eigenes Gehalt sprechen, ohne befürchten zu müssen, dass sie damit automatisch gegen eine wirksame Verschwiegenheitsklausel verstoßen.
Urlaubsplan Minijob rechtens: Was gilt wirklich? 👆Gespräche unter Kollegen über Gehalt
Jetzt wird’s spannend: Was ist mit Gesprächen unter Kollegen? Darf man im Büro offen darüber sprechen, wie viel man verdient – oder droht dann direkt eine Abmahnung?
Genau das war der Kern der Diskussion im Forum. Und hier liefert das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 21.10.2009 – 2 Sa 183/09) eine klare Antwort: Eine arbeitsvertragliche Klausel, die Gehaltsgespräche unter Kollegen verbietet, ist unwirksam. Sie benachteiligt die Arbeitnehmer unangemessen und verstößt gegen das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit (Art. 9 GG). Damit ist klar: Gespräche über das Gehalt mit Kolleginnen und Kollegen sind grundsätzlich erlaubt – auch wenn es dem Arbeitgeber nicht gefällt.
Kündigung im Urlaub: Zugang erst bei Rückkehr? 👆Gleichbehandlung beim Gehalt verstehen
Warum ist dieses Thema überhaupt so brisant? Ganz einfach: Nur wenn Arbeitnehmer über ihr Gehalt sprechen dürfen, können sie feststellen, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz eingehalten wird. Aber was bedeutet das eigentlich?
Im Kern geht es um den Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Das ist in § 611a BGB geregelt. Unterschiede beim Gehalt sind nur zulässig, wenn sie sachlich begründet sind – zum Beispiel durch Erfahrung, Qualifikation oder besondere Leistungen. Werden zwei Kolleg:innen mit vergleichbarer Ausbildung, Berufserfahrung und Tätigkeit unterschiedlich bezahlt, kann das eine Benachteiligung darstellen.
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Zusätzliche Rückendeckung bekommen Beschäftigte durch das Entgelttransparenzgesetz (§ 10 ff. EntgTranspG). Es gewährt einen individuellen Auskunftsanspruch über das durchschnittliche Gehalt vergleichbarer Kolleg:innen des jeweils anderen Geschlechts. Zwar gilt das bisher nur in größeren Unternehmen ab 200 Mitarbeitenden, aber es ist ein klares Signal in Richtung mehr Gehaltstransparenz.
Und es geht noch weiter: Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie von 2023 verpflichtet alle Mitgliedstaaten dazu, noch strengere Vorgaben zur Lohntransparenz zu machen. In Zukunft werden Geheimhaltungsklauseln zu Gehältern grundsätzlich verboten. Der Arbeitgeber muss dann sogar nachweisen, dass keine Diskriminierung stattfindet – die Beweislast kehrt sich also um.
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Was passiert, wenn man trotz Verschwiegenheitsklausel mit Kolleg:innen über das Gehalt spricht? Ist eine Abmahnung oder Kündigung überhaupt zulässig?
Die Antwort lautet: Nur in sehr engen Ausnahmefällen. Wenn der Betriebsfrieden massiv gestört wird, könnte eine Abmahnung in Betracht kommen – aber nur dann, wenn klare Regeln gebrochen wurden. Und selbst dann wäre eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung kaum haltbar. Wer sich also gegen eine angedrohte Abmahnung wegen Gehaltsgespräch wehren will, hat gute Argumente – und starke Urteile auf seiner Seite.
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In Unternehmen ohne Tarifvertrag oder Betriebsrat – wie im geschilderten Fall – hängt das Gehalt oft vom individuellen Verhandlungsgeschick ab. Doch gerade hier ist Transparenz besonders wichtig. Wer weiß, dass Kolleg:innen für dieselbe Arbeit deutlich mehr verdienen, kann fundierte Gespräche mit dem Arbeitgeber führen – auf Augenhöhe und mit Verweis auf den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Zwar bleibt es dem Arbeitgeber grundsätzlich überlassen, wie viel er wem zahlt. Doch völlig willkürliche Unterschiede lassen sich juristisch angreifen – vor allem dann, wenn sie systematisch und nicht sachlich begründet sind. Und genau deshalb ist das Verbot von Gehaltsgesprächen so problematisch: Es verhindert, dass Ungleichbehandlungen überhaupt auffallen.
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Gehaltsverschwiegenheit Arbeitsvertrag – dieser Ausdruck verliert bei genauerem Hinsehen seine juristische Schlagkraft. Denn weder eine allgemein formulierte Verschwiegenheitsklausel noch eine gezielte Gehaltsverschwiegenheit im Arbeitsvertrag kann Arbeitnehmer:innen wirksam daran hindern, über ihren Verdienst zu sprechen. Die Gerichte, allen voran das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (2 Sa 183/09), stellen klar: Wer Transparenz einfordert, darf nicht sanktioniert werden. Das betrifft insbesondere Gespräche unter Kolleg:innen – sie sind aus arbeitsrechtlicher Sicht nicht nur zulässig, sondern auch notwendig, um Ungleichbehandlung überhaupt erkennen zu können. Das Thema Gehaltsverschwiegenheit Arbeitsvertrag wird durch neue EU-Richtlinien weiter an Bedeutung verlieren – und damit auch die Möglichkeit, Gehaltsinformationen pauschal unter Verschluss zu halten. Wer also mit Abmahnung oder Kündigung bedroht wird, sollte sich nicht einschüchtern lassen – und kann sich auf eine klare Rechtslage berufen.
Arbeitszeit Bewertung freier Tag 👆FAQ
Darf ich mit Kolleg:innen über mein Gehalt sprechen?
Ja, grundsätzlich schon. Nach aktueller Rechtsprechung sind Gespräche über das eigene Gehalt unter Kolleg:innen erlaubt. Eine Klausel im Arbeitsvertrag, die das verbietet, ist in der Regel unwirksam.
Ist Gehalt ein Geschäftsgeheimnis?
Nein. Das Bundesarbeitsgericht hat bereits entschieden, dass Gehaltsangaben in der Regel keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse darstellen – außer in seltenen Ausnahmefällen, etwa wenn sie Teil betriebswirtschaftlicher Kalkulationen sind.
Was sagt das Gesetz zur Gehaltstransparenz?
Das Entgelttransparenzgesetz (§ 10 EntgTranspG) gewährt Arbeitnehmer:innen das Recht, Informationen über das Gehalt vergleichbarer Kolleg:innen des anderen Geschlechts zu erhalten – allerdings nur in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten.
Gilt die Gehaltsverschwiegenheit für alle Mitarbeitenden?
Nein. Während Personalverantwortliche oder Geschäftsführung bestimmte Verschwiegenheitspflichten haben (z. B. Datenschutz), gelten für normale Mitarbeitende keine wirksamen Gehaltsverschwiegenheitsklauseln – jedenfalls nicht im Gespräch untereinander.
Kann ich wegen Gehaltsgesprächen gekündigt werden?
Eine Kündigung allein wegen eines Gehaltsgesprächs unter Kolleg:innen wäre rechtlich kaum haltbar. Voraussetzung wäre eine massive Störung des Betriebsfriedens – und selbst dann müsste vorher eine Abmahnung erfolgt sein.
Was passiert, wenn der Arbeitgeber mit Abmahnung droht?
Solche Drohungen sind oft rechtlich nicht haltbar. Wer eine Abmahnung erhält, kann diese rechtlich prüfen und ggf. aus der Personalakte entfernen lassen. Eine anwaltliche Beratung ist in solchen Fällen empfehlenswert.
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