Kann ein Arbeitnehmer seinen jährlichen Gesundheitsbonus auch dann verlangen, wenn er bereits gekündigt hat? Diese Frage sorgt in vielen Betrieben für Diskussionen – vor allem dann, wenn keine klare Regelung im Vertrag steht. Im folgenden Beitrag werfen wir einen genauen Blick auf die Rechtslage rund um den Gesundheitsbonus nach Kündigung und erklären, wann ein Anspruch auch ohne ausdrückliche Vereinbarung bestehen kann.
Gesundheitsbonus verweigert
Ein Arbeitnehmer hatte über Jahre hinweg im März einen sogenannten Gesundheitsbonus erhalten – immer dann, wenn er im vorangegangenen Kalenderjahr keine Krankheitstage hatte. Im Dezember kündigte er selbst ordentlich zum Ende März. Als die Bonuszahlung im März ausblieb, verwies der Arbeitgeber darauf, dass dieser Bonus nur bei bestehendem Arbeitsverhältnis gezahlt werde. Eine entsprechende Regelung existierte jedoch nicht schriftlich. Der Arbeitnehmer war empört – immerhin hatte er im Vorjahr die Bedingung erfüllt. Hier stellt sich die Frage: Ist eine solche Zahlung einklagbar?
Auszahlung trotz Kündigung?
Entscheidend ist, dass der Bonus eine Belohnung für das Verhalten im Vorjahr darstellt – also für eine bereits erbrachte Leistung. Wenn der Arbeitgeber dies regelmäßig und ohne ausdrücklichen Vorbehalt ausgezahlt hat, spricht einiges dafür, dass ein rechtlicher Anspruch auch nach einer Kündigung noch bestehen könnte. Das gilt insbesondere dann, wenn keine vertragliche Klausel die Auszahlung an ein bestehendes Arbeitsverhältnis bindet.
Bedeutung der betrieblichen Übung
Ein zentraler Begriff in diesem Zusammenhang ist die sogenannte „betriebliche Übung“. Darunter versteht man eine regelmäßig wiederholte Verhaltensweise des Arbeitgebers, aus der ein Arbeitnehmer schließen darf, dass sich daraus ein Anspruch entwickelt. Hat der Arbeitgeber also über mehrere Jahre hinweg freiwillig, regelmäßig und ohne Vorbehalt einen Bonus gezahlt, kann daraus ein dauerhafter Anspruch erwachsen. Die Arbeitsgerichte sehen hier eine Richtlinie: Drei gleichartige Zahlungen in Folge können bereits genügen (BAG, Urteil vom 23.01.2002 – 10 AZR 575/00).
Mistra Eintrag löschen nach §170 Abs. 2 StPO 👆Voraussetzungen für einen Anspruch
Ob ein Gesundheitsbonus nach einer Kündigung trotzdem zu zahlen ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Dabei lohnt es sich, diese genau zu analysieren.
Schriftliche oder mündliche Regelungen
Wenn der Bonus ausdrücklich im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag geregelt ist, muss geprüft werden, ob dort eine Fortgeltung über das Arbeitsverhältnis hinaus vorgesehen ist. Fehlt eine solche Klausel, ist das jedoch nicht automatisch ein Ausschluss.
Formulierung von Vorbehalten
Ein häufiger Fehler liegt in der mangelhaften Formulierung sogenannter Freiwilligkeitsvorbehalte. Arbeitgeber schreiben manchmal in die Abrechnung, dass eine Zahlung „freiwillig“ erfolgt oder „keinen Anspruch für die Zukunft“ begründet. Doch solche Formulierungen sind nur wirksam, wenn sie klar und eindeutig sind. Pauschale Hinweise ohne rechtlich saubere Formulierung reichen nicht aus, um eine betriebliche Übung zu verhindern (BAG, Urteil vom 30.07.2008 – 10 AZR 606/07).
Charakter der Bonuszahlung
Eine wichtige Unterscheidung besteht zwischen einem echten Bonus und einem rein freiwilligen Geschenk. Wird ein Bonus wie der Gesundheitsbonus systematisch für eine konkrete Leistung – etwa das Nicht-Fehlen – gewährt, hat er entlohnten Charakter. Damit zählt er als Gegenleistung und unterliegt damit den arbeitsrechtlichen Schutzregeln. Eine plötzliche Streichung ist dann rechtlich angreifbar.
Lohnzahlung Freistellung Insolvenzverfahren 👆Handlungsmöglichkeiten bei verweigerter Zahlung
Wenn der Arbeitgeber die Auszahlung des Gesundheitsbonus nach einer Kündigung verweigert, gibt es verschiedene Ansätze, um trotzdem zum Recht zu kommen.
Schriftliche Zahlungsaufforderung
Zunächst sollte der Arbeitnehmer den Arbeitgeber schriftlich und mit angemessener Frist zur Auszahlung auffordern. Dabei ist es hilfreich, auf die bisherige Auszahlungspraxis zu verweisen und zu betonen, dass es sich um eine Gegenleistung für das Verhalten im Vorjahr handelt.
Nachweis der Regelmäßigkeit
Der Arbeitnehmer sollte alle Belege sammeln, aus denen die bisherige Bonuszahlung ersichtlich wird – zum Beispiel Lohnabrechnungen aus den Vorjahren, interne Mitteilungen oder auch Aussagen von Kollegen. Diese Nachweise sind bei einer späteren gerichtlichen Auseinandersetzung von zentraler Bedeutung.
Klage vor dem Arbeitsgericht
Wenn der Arbeitgeber nicht zahlt, kann der Bonus beim zuständigen Arbeitsgericht eingeklagt werden. Dabei kommt es insbesondere darauf an, ob eine betriebliche Übung entstanden ist. Die Beweislast dafür liegt beim Arbeitnehmer – aber mit den richtigen Unterlagen stehen die Chancen gut.
Arbeitszeugnis Bewertung richtig verstehen 👆Kündigung darf kein Ausschluss sein
Dass ein Arbeitsverhältnis endet, darf nicht automatisch bedeuten, dass der Arbeitnehmer leer ausgeht – vor allem dann nicht, wenn der Bonus eine Belohnung für das Vorjahr darstellt. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu mehrfach entschieden, dass Leistungen, die eine Vergütung für bereits erbrachte Leistungen darstellen, auch bei beendetem Arbeitsverhältnis zu zahlen sind (vgl. BAG, Urteil vom 24.10.2001 – 10 AZR 230/01).
Was, wenn andere Mitarbeiter den Bonus erhalten?
Ein weiteres Indiz für eine betriebliche Übung kann sein, wenn andere Mitarbeiter weiterhin den Bonus erhalten – obwohl auch sie keine ausdrückliche Vereinbarung haben. In solchen Fällen spricht vieles dafür, dass eine einheitliche Praxis vorliegt, die auch den Kläger einschließt.
Muss der Arbeitgeber alle gleich behandeln?
Ja – zumindest im Rahmen des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Das bedeutet, dass vergleichbare Mitarbeiter nicht ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandelt werden dürfen. Wird ein Gesundheitsbonus also anderen Mitarbeitern gezahlt, darf ein Arbeitnehmer, der die Voraussetzungen ebenfalls erfüllt, nicht ausgeschlossen werden – erst recht nicht wegen einer Kündigung.
Zeitarbeitsfirma Kündigung Rechte bei Einsatzende 👆Wann besteht kein Anspruch?
Trotz aller Argumente gibt es natürlich auch Situationen, in denen ein Bonus rechtmäßig verweigert werden kann.
Klare Freiwilligkeitsvorbehalte
Wenn der Arbeitgeber die Bonuszahlung jedes Jahr mit dem klaren Hinweis versehen hat, dass sie freiwillig erfolgt und keinen Anspruch für die Zukunft begründet, ist ein Anspruch schwer durchsetzbar. Wichtig ist hier die sprachliche Genauigkeit – je unklarer der Vorbehalt, desto eher entsteht ein Anspruch.
Zahlung an bestehendes Arbeitsverhältnis gebunden
Wenn vertraglich oder durch eine Betriebsvereinbarung festgelegt wurde, dass der Bonus nur gezahlt wird, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung noch besteht, dann ist die Verweigerung rechtlich abgesichert. Solche Klauseln müssen jedoch im Vertrag oder der Betriebsvereinbarung klar geregelt sein.
Fehlende Systematik in der Zahlung
Hat der Arbeitgeber den Bonus unregelmäßig, nur in manchen Jahren oder nur an bestimmte Mitarbeiter gezahlt, kann von einer betrieblichen Übung keine Rede sein. Dann ist es auch schwer, einen Anspruch herzuleiten.
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Ob ein Gesundheitsbonus nach einer Kündigung gezahlt werden muss, hängt maßgeblich von der Ausgestaltung im Einzelfall ab. Ist der Bonus an konkrete Leistungen im Vorjahr gekoppelt – wie etwa das durchgängige Erscheinen zur Arbeit ohne Krankheit – und wurde er regelmäßig und ohne klaren Vorbehalt gezahlt, kann sich daraus ein Anspruch aus betrieblicher Übung ergeben. Ein solcher Anspruch bleibt grundsätzlich auch dann bestehen, wenn das Arbeitsverhältnis bereits durch Kündigung beendet wurde. Die Kündigung allein darf keine Rechtfertigung für die Verweigerung sein, sofern der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für den Gesundheitsbonus erfüllt hat. Wer also eine ausbleibende Auszahlung nicht hinnehmen möchte, sollte sich rechtlich beraten lassen und die bisherigen Gepflogenheiten im Betrieb genau prüfen. Denn in vielen Fällen ist der Gesundheitsbonus mehr als nur eine freiwillige Leistung – er kann Teil der arbeitsvertraglichen Vergütung sein.
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Wann entsteht ein Anspruch auf Gesundheitsbonus?
Ein Anspruch auf einen Gesundheitsbonus entsteht regelmäßig dann, wenn dieser über mehrere Jahre hinweg ohne ausdrücklichen Freiwilligkeitsvorbehalt ausgezahlt wurde. Eine solche wiederholte Zahlung kann zur sogenannten betrieblichen Übung führen und damit rechtsverbindlich werden.
Muss der Gesundheitsbonus trotz Kündigung gezahlt werden?
Ja, wenn der Bonus eine Belohnung für das Verhalten im Vorjahr ist und der Arbeitnehmer die Voraussetzungen erfüllt hat, besteht grundsätzlich ein Anspruch – selbst wenn zum Zeitpunkt der Auszahlung das Arbeitsverhältnis bereits gekündigt wurde. Die Kündigung darf nicht rückwirkend zum Ausschluss führen.
Was bedeutet „betriebliche Übung“ im Arbeitsrecht?
Die „betriebliche Übung“ bezeichnet eine regelmäßige, gleichartige Leistung des Arbeitgebers, die über die Zeit zu einer stillschweigenden vertraglichen Verpflichtung wird. Im Zusammenhang mit einem Gesundheitsbonus kann sie zur Auszahlungspflicht führen, auch wenn keine schriftliche Regelung besteht.
Kann ein Arbeitgeber einen Gesundheitsbonus einfach streichen?
Ein Arbeitgeber kann eine Leistung wie den Gesundheitsbonus nur dann rechtmäßig streichen, wenn er zuvor einen klaren Freiwilligkeitsvorbehalt erklärt hat oder vertraglich geregelt ist, dass die Zahlung ausschließlich bei bestehendem Arbeitsverhältnis erfolgt. Ohne solche Klauseln ist eine Streichung oft nicht zulässig.
Welche Rolle spielt die Formulierung in der Lohnabrechnung?
Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber bei der Bonuszahlung einen rechtlich wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt formuliert hat. Pauschale Aussagen wie „ohne Rechtsanspruch“ reichen nicht immer aus. Klar muss sein, dass kein Anspruch für die Zukunft begründet wird – sonst droht eine betriebliche Übung.
Zählt der Gesundheitsbonus als Gehalt?
Ja, der Gesundheitsbonus kann als Teil der Vergütung angesehen werden, insbesondere wenn er an eine erbrachte Leistung gekoppelt ist. In solchen Fällen unterliegt er den arbeitsrechtlichen Regeln wie jede andere Lohnkomponente auch.
Was tun, wenn der Bonus nicht gezahlt wird?
Betroffene Arbeitnehmer sollten ihren Arbeitgeber zunächst schriftlich zur Zahlung auffordern. Bleibt dies erfolglos, kann der Anspruch auf den Gesundheitsbonus auch vor dem Arbeitsgericht geltend gemacht werden. Eine rechtliche Beratung ist hierbei empfehlenswert.
Gibt es eine gesetzliche Grundlage für den Anspruch?
Es gibt keine explizite gesetzliche Regelung für den Gesundheitsbonus. Die Anspruchsgrundlage ergibt sich aus den allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen zur betrieblichen Übung und dem Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 242 BGB in Verbindung mit der bisherigen Zahlungspraxis.
Kann die Auszahlung an den Bestand des Arbeitsverhältnisses gebunden sein?
Ja, aber nur wenn dies vertraglich, tariflich oder durch Betriebsvereinbarung eindeutig geregelt ist. Fehlt eine solche Klausel, darf der Arbeitgeber die Zahlung nicht pauschal verweigern, nur weil das Arbeitsverhältnis beendet wurde.
Gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz auch beim Gesundheitsbonus?
Absolut. Wenn andere Arbeitnehmer bei vergleichbarer Leistung den Bonus erhalten, darf ein einzelner nicht benachteiligt werden. Eine Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund kann ebenfalls einen rechtlichen Anspruch auf die Auszahlung begründen.
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