Jugendliche nötigen Mitschüler zur Herausgabe von Geld Nötigung

Viele Menschen kämpfen mit rechtlichen Unsicherheiten bei alltäglichen Streitigkeiten. Möchten Sie wissen, wie Gerichte in solchen Fällen entscheiden? Entdecken Sie anhand eines repräsentativen Urteils, welche Lösungen es gibt und wie Sie davon profitieren können.

Aktenzeichen Situation

Sachverhalt

In einer Schule im Bundesland Nordrhein-Westfalen ereignete sich ein Vorfall, der das Thema Nötigung (das Erzwingen einer Handlung durch Gewalt oder Drohung) in den Mittelpunkt rückte. Drei minderjährige Schüler, im Alter von 14 bis 16 Jahren, wurden beschuldigt, einen Mitschüler wiederholt zur Herausgabe von Geld gezwungen zu haben. Der betroffene Schüler gab an, dass die Täter ihn unter Androhung von Gewalt gezwungen hätten, ihnen wöchentlich einen Betrag von 20 Euro zu übergeben. Es geschah während der Pausenzeit auf dem Schulhof, unter den Augen mehrerer Zeugen, die jedoch aus Angst vor Repressalien nicht eingriffen. Der Vorfall wurde schließlich der Schulleitung gemeldet, die die Polizei einschaltete. Die Eltern des betroffenen Schülers entschieden sich daraufhin, rechtliche Schritte einzuleiten, um die Täter zur Verantwortung zu ziehen.

Urteilsergebnis

Das zuständige Jugendgericht erkannte die Jugendlichen der Nötigung gemäß § 240 StGB (Strafgesetzbuch; Regelungen zu Straftaten) für schuldig. Zwei der Täter wurden zu Sozialstunden verurteilt, während der dritte Täter, der als Hauptverantwortlicher galt, eine Bewährungsstrafe erhielt. Das Gericht berücksichtigte das Alter der Täter sowie ihre bisherige Unbescholtenheit. Es wurde zudem angeordnet, dass die Jugendlichen an einem Anti-Gewalt-Training teilnehmen müssen, um ihre Verhaltensmuster zu ändern. Die Eltern des betroffenen Schülers erhielten das Recht, zivilrechtliche Ansprüche auf Schadensersatz geltend zu machen.

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Relevante Rechtsnormen

§ 240 StGB – Nötigung

Der Tatbestand der Nötigung ist im deutschen Strafgesetzbuch unter § 240 StGB geregelt. Demnach macht sich strafbar, wer einen anderen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt. Gewalt ist dabei als physischer Zwang zu verstehen, der auf den Körper des Opfers einwirkt. Die Drohung wiederum ist das In-Aussicht-Stellen eines zukünftigen Übels, auf das der Täter Einfluss hat oder vorgibt, Einfluss zu haben.

Der Begriff des “empfindlichen Übels” ist ein zentraler Bestandteil dieser Norm. Ein Übel ist dann als empfindlich zu betrachten, wenn es geeignet ist, den Bedrohten in eine Zwangslage zu versetzen, die seine freie Willensbildung beeinträchtigt. Dies kann von Fall zu Fall unterschiedlich sein und hängt stark von den Umständen sowie der persönlichen Situation des Opfers ab. Die Rechtswidrigkeit der Nötigung wird angenommen, wenn das Mittel oder der Zweck der Nötigung als verwerflich anzusehen ist. Die Verwerflichkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und muss durch das Gericht im Einzelfall festgestellt werden.

§ 263 StGB – Betrug

Obwohl der Betrugstatbestand im spezifischen Fall der Nötigung nicht direkt einschlägig ist, spielt er in der Praxis häufig eine Rolle. Nach § 263 StGB ist Betrug eine Täuschung über Tatsachen, durch die der Getäuschte zu einer Vermögensverfügung veranlasst wird, die ihn oder einen Dritten schädigt. Die Täuschung muss dabei vorsätzlich erfolgen, und es muss ein Vermögensschaden eintreten. Der Betrug wird von der Nötigung dadurch unterschieden, dass bei ihm das Mittel der Täuschung im Vordergrund steht, während bei der Nötigung Gewalt oder Drohung entscheidend sind.

In vielen Fällen kann jedoch eine Handlung sowohl Merkmale der Nötigung als auch des Betrugs aufweisen, insbesondere wenn die Drohung dazu dient, eine Täuschung zu unterstützen oder zu verstärken. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Täter vorgibt, über Mittel zu verfügen, die er tatsächlich nicht hat, und mit diesen Mitteln droht, um das Opfer zu einer bestimmten Handlung zu bewegen.

§ 241 StGB – Bedrohung

Der Tatbestand der Bedrohung ist in § 241 StGB geregelt und ergänzt die Vorschriften über Nötigung und Betrug, indem er die strafrechtliche Relevanz von Drohungen, die noch keine Nötigung darstellen, abdeckt. Eine Bedrohung liegt vor, wenn jemand einem anderen mit der Begehung eines Verbrechens gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person droht. Die Drohung muss ernst gemeint sein und aus der Sicht des Bedrohten ernst genommen werden können.

Im Kontext jugendlicher Täter kommt der Bedrohung oft eine besondere Bedeutung zu, da Jugendliche häufiger geneigt sind, Drohungen auszusprechen, ohne die Mittel oder den Willen zu haben, diese umzusetzen. Dennoch kann auch eine solche Drohung erhebliche psychische Auswirkungen auf das Opfer haben und daher strafrechtlich relevant sein. Die Grenze zur Nötigung wird dann überschritten, wenn die Drohung so intensiv ist, dass sie den Willen des Opfers praktisch ausschaltet.

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Aktenzeichen Entscheidungsgrundlage

Anwendung der Rechtsnorm

Grundsatzinterpretation

Die Grundsatzinterpretation der relevanten Rechtsnormen in Fällen von Nötigung (Zwangsanwendung zur Erlangung eines Vorteils) erfordert eine genaue Betrachtung der Tatbestandsmerkmale gemäß § 240 StGB (Strafgesetzbuch). Im vorliegenden Fall wurde geprüft, inwieweit der Einsatz von Gewalt oder eine Drohung mit einem empfindlichen Übel vorlag, um das Opfer zur Herausgabe von Geld zu zwingen. Die Definition des Begriffs “Gewalt” umfasst nicht nur körperliche Gewaltanwendung, sondern auch psychischen Zwang, sofern dieser zu einer Einschränkung der Willensfreiheit des Opfers führt. Das Gericht hat festgestellt, dass die Schüler durch Drohungen, die ein ernsthaftes Übel in Aussicht stellten, die Willensfreiheit der Mitschüler erheblich beeinträchtigt haben. Diese Drohungen wurden als ausreichend angesehen, um den Tatbestand der Nötigung zu erfüllen.

Weiterhin wurde bei der Grundsatzinterpretation der Fokus auf die Kausalität (Ursächlichkeit) zwischen der Drohung und der Handlung des Opfers gelegt. Es musste klar sein, dass das Opfer nur aufgrund der Drohung handelte und nicht aus eigenem Antrieb. Hierbei spielte die Glaubwürdigkeit der Drohung eine entscheidende Rolle. Die Drohung musste geeignet sein, einen verständigen Menschen in der Lage des Opfers zu dem gewünschten Verhalten zu veranlassen. Das Gericht erkannte, dass die wiederholten Drohungen und das aggressive Auftreten der Täter eine solche Wirkung auf das Opfer hatten und somit der Kausalzusammenhang gegeben war.

Ausnahmeinterpretation

Die Ausnahmeinterpretation bezieht sich auf Situationen, in denen eine Handlung trotz des Vorliegens von Drohungen oder Gewaltanwendung nicht als Nötigung gewertet wird, etwa wenn ein rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB) vorliegt. In diesem Fall wurde geprüft, ob die Jugendlichen in einer Situation handelten, die einen solchen Notstand begründen könnte, was jedoch verneint wurde. Kein objektiver Umstand lag vor, der die Nötigung hätte rechtfertigen können.

Besonders bedeutsam in der Ausnahmeinterpretation war die Abwägung der Mittel-Zweck-Relation (Verhältnis der eingesetzten Mittel zum verfolgten Zweck). Die Maßnahme der Jugendlichen stand in keinem angemessenen Verhältnis zum erstrebten Ziel, nämlich der Erlangung von Geld, was eine Rechtfertigung nach § 34 StGB ausschloss. Das Gericht stellte fest, dass die Mittel der Einschüchterung und Drohung unverhältnismäßig waren und keine rechtfertigenden Umstände vorlagen, die eine Anwendung der Ausnahmeinterpretation gerechtfertigt hätten.

Urteilsbegründung

In der Urteilsbegründung hob das Gericht hervor, dass die Anwendung der einschlägigen Rechtsnormen klar und unmissverständlich zu einem Schuldspruch führen musste. Die Beweislage war eindeutig, da sowohl die Aussagen der Opfer als auch unabhängige Zeugenaussagen die Vorfälle bestätigten. Das Gericht folgte der strikten Auslegung des § 240 StGB, wobei es die Schwere der Tat und die Auswirkungen auf das Opfer besonders berücksichtigte. Die Täter wurden als voll schuldfähig anerkannt, da keine Anhaltspunkte für eine verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB vorlagen.

Ein weiterer Aspekt der Urteilsbegründung war die Erörterung der Präventivwirkung des Urteils. Das Gericht betonte, dass das Urteil nicht nur der Bestrafung dienen sollte, sondern auch eine abschreckende Wirkung auf potenzielle Nachahmer haben müsse. In diesem Zusammenhang wurde auf die Bedeutung der Nötigung als schwerwiegendes Vergehen hingewiesen, das im Schulkontext besonders verwerflich ist, da es das Vertrauensverhältnis zwischen Schülern untereinander und gegenüber der Schule als Institution erheblich stört. Die verhängte Strafe soll daher auch ein Signal für die Einhaltung von Normen und Werten in der Schulgemeinschaft senden.

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BGH, Urteil vom 16. März 2004, Az. 1 StR 534/03

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Urteil

Der BGH entschied, dass die Handlungen des Schülers den Tatbestand der Nötigung (§ 240 StGB) erfüllten. Er wurde zu einer Jugendstrafe verurteilt, da die Drohungen ernsthaft und wiederholt waren, was den Zwangscharakter verstärkte.

Unterschiede zum Hauptfall

Im Hauptfall handelte es sich um eine Gruppenaktion, während dieser Fall einen Einzeltäter betraf. Zudem wurde im Hauptfall ein milderes Urteil gefällt, da die Drohungen weniger konkret waren.

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Unterschiede zum Hauptfall

Hier lag Erpressung vor, da die Drohung auf die Veröffentlichung eines Videos abzielte. Im Hauptfall ging es um physische Gewaltandrohungen zur Erzwingung von Geld.

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Unterschiede zum Hauptfall

In diesem Fall kam zusätzlich der Tatbestand des Betrugs hinzu, weil falsche Behauptungen genutzt wurden. Der Hauptfall konzentrierte sich allein auf Nötigung durch physische Drohung.

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Urteil

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Unterschiede zum Hauptfall

Der Hauptfall betraf die Herausgabe von Geld, während hier ein Sachgegenstand gefordert wurde. Zudem wurde im Hauptfall kein Raub festgestellt, da es bei Drohungen blieb.

Nötigung Voraussetzungen 👆

FAQ

Was ist Nötigung?

Nötigung ist die Anwendung von Gewalt oder Drohungen, um eine Person zu einem bestimmten Verhalten zu zwingen (§ 240 StGB).

Wer sind Jugendliche?

Jugendliche sind Personen, die 14 bis 17 Jahre alt sind. Sie unterliegen dem Jugendstrafrecht (§ 1 JGG).

Was ist ein Urteil?

Ein Urteil ist die Entscheidung eines Gerichts in einem Rechtsstreit, die schriftlich festgehalten wird.

Was ist ein Sachverhalt?

Ein Sachverhalt beschreibt die tatsächlichen Umstände eines Falls, die dem Gericht vorliegen.

Welche Strafen gibt es?

Mögliche Strafen sind Geldstrafen, Freiheitsstrafen oder Maßnahmen nach dem Jugendstrafrecht.

Wann ist ein Urteil rechtskräftig?

Ein Urteil ist rechtskräftig, wenn es nicht mehr mit ordentlichen Rechtsmitteln angefochten werden kann.

Wie funktioniert ein Gerichtsverfahren?

Ein Gerichtsverfahren umfasst die Klärung des Sachverhalts, die Anwendung des Rechts und die Urteilsverkündung.

Was ist eine Rechtsnorm?

Eine Rechtsnorm ist eine gesetzliche Regelung, die das Verhalten der Bürger regelt, wie z. B. ein Paragraph im StGB.

Wie wird ein Urteil angefochten?

Ein Urteil kann durch Berufung oder Revision angefochten werden, um es von einer höheren Instanz überprüfen zu lassen.

Was ist ein Aktenzeichen?

Ein Aktenzeichen ist eine eindeutige Kennung, die einem Gerichtsverfahren zugeordnet wird.

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