Krankengeld Entgeltfortzahlung ist ein Dauerthema im Arbeitsrecht und führt regelmäßig zu Konflikten zwischen Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Krankenkassen. Besonders kompliziert wird es, wenn mehrere Erkrankungen kurz nacheinander auftreten und unklar bleibt, wer zahlungspflichtig ist. Genau hier entstehen oft Lücken, die für Betroffene existenzbedrohend sein können.
Krankengeld Entgeltfortzahlung Fallbeispiel
Ein Arbeitnehmer meldete sich im Dezember wegen einer Grippe krank und erhielt zunächst sechs Wochen Lohnfortzahlung. Kurz darauf traten weitere Diagnosen auf: eine Magen-Darm-Erkrankung, ein Handunfall und schließlich eine chronische Erkrankung ab Ende Januar. Während die Krankenkasse der Meinung war, der Arbeitgeber müsse erneut zahlen, stellte dieser nach sechs Wochen die Zahlungen ein. Der Betroffene stand plötzlich ohne Einkommen da und wusste nicht, ob er Krankengeld oder Entgeltfortzahlung beanspruchen konnte.
Bedeutung der Erstbescheinigung
Entscheidend ist, ob die Ärzte jeweils eine Erstbescheinigung ausgestellt haben. Diese markiert den Beginn einer neuen Krankheitsphase. Liegt tatsächlich eine neue Krankheit vor, die unabhängig von der vorherigen ist, könnte ein neuer Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung entstehen. Doch die Beweislast liegt beim Arbeitnehmer, was in der Praxis schwer nachzuweisen ist.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
Das Bundesarbeitsgericht hat in mehreren Urteilen, etwa am 11.12.2019 (Az. 5 AZR 505/18), klargestellt, dass zwischen zwei Erkrankungen nicht zwingend eine Arbeitsaufnahme stattfinden muss. Es genügt, wenn der Arbeitnehmer auch nur für wenige Stunden gesund war. Allerdings reicht eine bloße Behauptung nicht aus, vielmehr muss der Arbeitnehmer Indizien oder Nachweise erbringen. Andernfalls wird von einem einheitlichen Verhinderungsfall ausgegangen.
Wechsel der Betriebsstätte Arbeitsrecht – Ihre Rechte 👆Gesetzliche Grundlagen
Die maßgebliche Vorschrift ist das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG), insbesondere § 3 Abs. 1 EFZG. Danach besteht Anspruch auf bis zu sechs Wochen Entgeltfortzahlung, wenn eine unverschuldete Krankheit vorliegt. Tritt jedoch eine weitere Krankheit während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit hinzu, verlängert sich die Dauer nicht automatisch.
Rolle der Krankenkasse
Kommt es zum Streit, verweist § 115 SGB X auf die Ersatzpflicht der Krankenkasse. Verweigert der Arbeitgeber die Zahlung, muss die Krankenkasse zunächst einspringen und Krankengeld zahlen. Anschließend kann sie sich die Beträge vom Arbeitgeber zurückholen, falls dessen Zahlungsverweigerung unrechtmäßig war. In der Praxis versuchen Krankenkassen jedoch häufig, die Zahlung hinauszuzögern, indem sie auf die Pflicht des Arbeitgebers verweisen.
Lücken in der Absicherung
Gerade in Fällen, in denen mehrere Diagnosen nahtlos ineinandergreifen, entsteht für Arbeitnehmer oft eine existenzielle Lücke. Ohne klare Nachweise über eine Genesung zwischen den Erkrankungen riskieren sie, sowohl vom Arbeitgeber als auch von der Krankenkasse abgewiesen zu werden. Hier können Sozialleistungen wie Bürgergeld nach dem SGB II kurzfristig helfen, doch dies löst nicht das eigentliche Problem.
Fristlose Kündigung Arbeitgeber Laden rechtlich erklärt 👆Praktische Handlungsmöglichkeiten
Wer sich in einer solchen Situation befindet, sollte alle Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sorgfältig sammeln und genau dokumentieren, welche Diagnose wann gestellt wurde. Widersprüche gegen Krankenkassenbescheide sind oft unvermeidlich, ebenso kann eine Klage vor dem Sozialgericht notwendig sein. Auch ein Fachanwalt für Arbeitsrecht oder Sozialrecht kann dabei unterstützen, die Erfolgsaussichten realistisch einzuschätzen.
Beweise sichern
Ein zentrales Element ist die lückenlose Dokumentation. Wer zwischen zwei Krankheitszeiten tatsächlich gesund war, sollte dies vom Arzt bescheinigen lassen. Selbst wenige Stunden Arbeitsfähigkeit können den Unterschied machen, wie die Rechtsprechung zeigt.
Anwaltliche Unterstützung
Da Arbeitgeber und Krankenkassen in solchen Fällen regelmäßig auf Zeit spielen, ist es für Arbeitnehmer oft der einzige Weg, rechtliche Schritte einzuleiten. Dabei geht es nicht nur um ausstehende Zahlungen, sondern auch um die Klärung, wer langfristig zuständig ist.
10 Tage arbeiten rechtlich erklärt 👆Fazit
Der Streit um Krankengeld Entgeltfortzahlung zeigt deutlich, wie schnell Arbeitnehmer in eine finanzielle Schieflage geraten können, wenn Arbeitgeber und Krankenkasse sich gegenseitig die Verantwortung zuschieben. Maßgeblich sind die gesetzlichen Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes sowie die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Ohne klare Nachweise über eine Genesung zwischen den Erkrankungen wird oft ein einheitlicher Verhinderungsfall angenommen. Arbeitnehmer sollten daher frühzeitig Beweise sichern und im Zweifel gegen die Krankenkasse vorgehen, da diese nach § 115 SGB X verpflichtet sein kann, Krankengeld zu zahlen. Letztlich geht es darum, die eigene Existenz zu sichern und keine Lücken zwischen Lohnfortzahlung und Krankengeld entstehen zu lassen.
Kündigungsfrist nach 4 Jahren richtig verstehen 👆FAQ
Habe ich Anspruch auf Krankengeld, wenn der Arbeitgeber nicht zahlt?
Ja, verweigert der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung, muss die Krankenkasse zunächst Krankengeld leisten und kann sich das Geld später vom Arbeitgeber zurückholen.
Wann beginnt eine neue Entgeltfortzahlung?
Ein neuer Anspruch entsteht nur dann, wenn eine vorherige Krankheit vollständig ausgeheilt ist und erst danach eine neue Erkrankung zur Arbeitsunfähigkeit führt.
Reicht eine neue Diagnose für einen neuen Anspruch?
Nein, unterschiedliche Diagnosen allein genügen nicht. Es muss eine echte Gesundung zwischen den Krankheiten nachweisbar sein.
Welche Rolle spielt die Erstbescheinigung?
Eine Erstbescheinigung markiert den Beginn einer neuen Krankheitsphase. Mehrere Erstbescheinigungen können auf verschiedene Krankheiten hinweisen, müssen aber rechtlich geprüft werden.
Was bedeutet ein einheitlicher Verhinderungsfall?
Wenn eine Krankheit noch nicht beendet ist und eine weitere hinzukommt, wird dies als ein einheitlicher Verhinderungsfall gewertet. Die Entgeltfortzahlung verlängert sich dadurch nicht.
Welche Beweise muss der Arbeitnehmer erbringen?
Arbeitnehmer müssen nachweisen, dass sie zwischen den Krankheiten tatsächlich gesund waren, etwa durch ärztliche Bescheinigungen oder Arbeitsaufnahme.
Welche Gesetze sind hier relevant?
Wichtig sind § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) sowie § 115 SGB X, der die Ersatzpflicht der Krankenkassen regelt.
Wie lange zahlt der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung?
Grundsätzlich maximal sechs Wochen pro Krankheitsfall. Danach übernimmt die Krankenkasse mit Krankengeld.
Was kann ich tun, wenn weder Arbeitgeber noch Krankenkasse zahlt?
In diesem Fall sollte ein Widerspruch bei der Krankenkasse eingelegt werden. Zudem ist anwaltliche Unterstützung sinnvoll, um Ansprüche durchzusetzen.
Kann Bürgergeld helfen, wenn eine Lücke entsteht?
Ja, wenn weder Entgeltfortzahlung noch Krankengeld fließt, kann Bürgergeld nach dem SGB II eine vorübergehende Lösung sein, um finanzielle Notlagen zu überbrücken.
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