Ein Arbeitgeberwechsel, eine Tarifvertragskündigung und plötzlich steht alles auf dem Spiel: Gehalt, Arbeitszeiten, sogar die eigene Existenz. Kündigung Tarifvertrag Arbeitsrecht ist kein abstraktes Thema, sondern betrifft genau die, die morgens ihre Kinder in den Kindergarten bringen müssen – und trotzdem pünktlich auf der Arbeit erscheinen sollen. In diesem Beitrag geht es um genau solche Fälle und was Sie rechtlich tun können, wenn plötzlich alles anders wird.
Betriebsübergang nach § 613a BGB
Bei einem Inhaberwechsel tritt der neue Arbeitgeber in die bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. Das heißt, er übernimmt alle Rechte und Pflichten – so steht es im § 613a Abs. 1 BGB. Aber was bedeutet das in der Praxis?
Wenn vor dem Wechsel ein Tarifvertrag galt, bleibt dieser zunächst bestehen – zumindest für ein Jahr (§ 613a Abs. 1 Satz 2 BGB). Innerhalb dieser Frist darf der neue Arbeitgeber keine Änderungen vornehmen, die gegen den bisherigen Tarifvertrag verstoßen. Kündigt der neue Arbeitgeber jedoch nach Ablauf dieser Frist den Tarifvertrag, stellt sich die Frage: Was bleibt dann vom bisherigen Schutz?
Kündigungsfrist gesetzlich Arbeitnehmer verstehen 👆Arbeitsvertrag schlägt mündliche Zusage?
Eine der zentralen Sorgen betrifft das Gehalt. Wer jahrelang stillschweigend mehr erhalten hat als im Arbeitsvertrag steht, könnte nach der Tarifvertragskündigung plötzlich wieder das niedrigere Gehalt sehen. Doch so einfach ist es nicht.
Gehaltsverschwiegenheit Arbeitsvertrag rechtlich zulässig? 👆Gehaltsanspruch durch betriebliche Übung
Wenn das höhere Gehalt über zwei Jahre hinweg regelmäßig gezahlt wurde, kann eine sogenannte betriebliche Übung vorliegen. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber durch wiederholtes Verhalten (regelmäßige Gehaltszahlung) eine Art vertragliche Bindung geschaffen hat. Laut Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 23. Januar 2002 – 10 AZR 573/00) reicht bereits eine dreimalige vorbehaltlose Zahlung, um daraus einen Anspruch abzuleiten.
Entscheidend ist jedoch, ob diese Praxis auch als bewusstes Handeln des Arbeitgebers gewertet wird. Mails, in denen die Eingruppierung besprochen wurde, oder Zeugen, die die mündliche Zusage bestätigen können, helfen bei der Beweisführung enorm.
Urlaubsplan Minijob rechtens: Was gilt wirklich? 👆Änderungsvertrag bei neuer Arbeitszeit
Noch problematischer wird es, wenn der Arbeitgeber plötzlich starre Arbeitszeiten einführen will. Gerade für Alleinerziehende ist Flexibilität oft überlebenswichtig. Doch was passiert, wenn der neue Vertrag nicht unterschrieben wird?
Kündigung im Urlaub: Zugang erst bei Rückkehr? 👆Keine Pflicht zur Unterschrift
Ein Änderungsvertrag ist ein Angebot. Niemand muss ihn unterschreiben. Wenn Sie das neue Modell ablehnen, kann der Arbeitgeber allerdings versuchen, per Änderungskündigung das neue Arbeitszeitmodell durchzusetzen. Das bedeutet: Kündigung des bisherigen Vertrags mit gleichzeitigem Angebot eines neuen – zu geänderten Bedingungen.
Eine Änderungskündigung muss aber sozial gerechtfertigt sein (§ 1 Abs. 2 KSchG). Pauschale Umstellungen ohne Rücksicht auf familiäre Umstände – wie etwa Ihre Kinderbetreuung – sind nicht automatisch rechtmäßig.
Urlaubsgeld bei Krankengeld: Anspruch trotz Krankheit? 👆Kein Grund für fristlose Kündigung
Ein sehr wichtiger Punkt: Nur weil Sie einen Änderungsvertrag nicht unterschreiben, darf der Arbeitgeber Sie nicht fristlos kündigen. Eine fristlose Kündigung setzt ein schwerwiegendes Fehlverhalten voraus (§ 626 BGB), z. B. Diebstahl oder beharrliche Arbeitsverweigerung. Ihre Ablehnung ist davon weit entfernt.
Alkoholisierter Vater wirft Baby zu Boden – Kind stirbt Körperverletzung mit Todesfolge 👆Kündigung Tarifvertrag Arbeitsrecht verstehen
Die Kündigung Tarifvertrag Arbeitsrecht ist kein Freifahrtschein für den Arbeitgeber. Wichtige Schutzmechanismen wie das Nachwirkungsprinzip nach § 4 Abs. 5 TVG sorgen dafür, dass bestimmte Regelungen aus dem alten Tarifvertrag auch nach der Kündigung vorläufig weitergelten – solange keine neuen Vereinbarungen geschlossen werden.
Und selbst wenn der Tarifvertrag ganz wegfällt: Der Arbeitsvertrag, wie er unterschrieben wurde, gilt weiterhin. Auch betriebliche Übung kann zusätzliche Rechte sichern. Wer dabei alles schriftlich belegt oder belegen kann – etwa durch Lohnabrechnungen, E-Mails oder Zeugen – hat deutlich bessere Karten.