Eine Lohnzahlung nach Kündigung zu verweigern, obwohl ein Arbeitsverhältnis formal bis zu einem bestimmten Datum bestand, sorgt regelmäßig für rechtliche Auseinandersetzungen. Besonders komplex wird es, wenn sich Elternzeit, Krankheit und Kündigung überschneiden – wie im hier behandelten Fall, bei dem die Urlaubsabgeltung zusätzlich im Raum steht.
Kündigung während Elternzeit
Im geschilderten Fall ging es um eine Arbeitnehmerin, die sich in Elternzeit befand und am 2. Januar 2025 eine Kündigung erhielt. Diese war zunächst zum 20. Januar ausgesprochen worden. Nach Eingang der Kündigung meldete sich die Arbeitnehmerin bis zum 19. Januar krank. Im Rahmen einer Güteverhandlung am Arbeitsgericht wurde später festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar endete. Doch dann verweigerte der Arbeitgeber plötzlich die Lohnzahlung für die Zeit vom 20. bis 31. Januar mit der Begründung, es läge keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor.
Arbeitgeber verweigert die Lohnzahlung
Obwohl die Kündigungsfrist klar auf den 31. Januar festgelegt wurde, erklärte der Arbeitgeber im Nachhinein, dass keine Krankschreibung für die Zeit ab dem 20. Januar vorlag. Diese Argumentation kam jedoch erst Wochen nach der Verhandlung. Die betroffene Arbeitnehmerin fühlt sich zu Recht überrumpelt, denn das hätte spätestens bei der Güteverhandlung thematisiert werden müssen.
Gerichtlicher Vergleich zur Urlaubsabgeltung
Parallel dazu wurde die Auszahlung von Urlaubsabgeltung thematisiert. Das Gericht bestätigte den Anspruch auf 22 Urlaubstage aus dem Jahr 2023, was zu einer Abgeltungssumme von 1.726,12 €
brutto führte. Zwar wurde im Vergleich der Urlaub aus dem Jahr 2024 nicht aufgeführt, das liegt aber am geltenden Recht zur Kürzung des Urlaubs während der Elternzeit nach § 17 Abs. 1 BEEG.
Anspruch auf Lohn bei ungeklärter Krankschreibung
Die Frage, ob ein Lohnanspruch für den Zeitraum vom 20. bis 31. Januar besteht, hängt stark von der Bewertung der Arbeitsunfähigkeit ab.
Keine Arbeitspflicht nach Annahmeverzug
Ein wesentlicher Aspekt ist, dass der Arbeitgeber ab dem 20. Januar die Arbeitsleistung ohnehin nicht mehr angenommen hätte. Nach der Rechtsprechung kann in solchen Fällen ein sogenannter Annahmeverzug (§ 615 Satz 1 BGB) vorliegen. Wenn der Arbeitgeber erkennbar kein Interesse mehr an der Arbeitsleistung zeigt – z. B. durch eine Kündigung zum 20. Januar –, muss der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft nicht mehr aktiv anbieten.
BAG zur Entgeltfortzahlung nach Kündigung
Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 8. September 2021 (Az. 5 AZR 149/21) betont, dass ein Arbeitnehmer, der nach Zugang der Kündigung arbeitsunfähig wird, eine erhöhte Darlegungslast trägt. In solchen Fällen verlangt das Gericht zusätzliche Nachweise zur Glaubhaftmachung der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit. Dies betrifft vor allem den subjektiven Krankheitszustand und ist in der Praxis häufig strittig.
Schulbegleiterin unter Druck: Kündigung wegen Betreuung? 👆Urlaubsabgeltung bei Elternzeit korrekt berechnen
Die Berechnung der Urlaubsabgeltung folgt den Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) und des Mutterschutzgesetzes (MuSchG).
Anspruch aus Vorjahr bleibt erhalten
Nach § 17 Abs. 2 BEEG bleibt ein bestehender Urlaubsanspruch aus dem Jahr vor Beginn der Elternzeit erhalten. Für die Klägerin bedeutete das konkret, dass ihr der vollständige Urlaub aus dem Jahr 2023 zusteht – minus der bereits genommenen Tage. Der Anspruch auf Abgeltung besteht nach § 7 Abs. 4 BUrlG bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Kürzung des Urlaubs im laufenden Jahr
Im Gegensatz dazu darf der Urlaub im Jahr der Elternzeit für jeden vollen Monat gekürzt werden, wie § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG regelt. Da die Elternzeit ab dem 5. Januar begann, hätte der Januar nicht als voller Monat gezählt. Allerdings entsteht für den Januar auch kein neuer Urlaubsanspruch, da das Arbeitsverhältnis kurz darauf endet. Deshalb wurde im gerichtlichen Vorschlag der Urlaub aus 2024 folgerichtig nicht berücksichtigt.
Minijob und Freiberuflichkeit kombinieren: Geht das? 👆Mögliche Schritte zur Durchsetzung der Ansprüche
Die Betroffene steht nun vor der Entscheidung, den gerichtlichen Vergleich anzunehmen oder nicht. Doch welche Optionen bestehen konkret, um den ausstehenden Lohn einzufordern?
Vergleich annehmen und vollstrecken
Wird der gerichtliche Vergleich angenommen und kein Widerruf durch eine Partei erklärt, wird dieser nach Ablauf der Frist rechtskräftig. Mit einer vollstreckbaren Ausfertigung nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO könnte dann eine Zwangsvollstreckung eingeleitet werden. Hierfür ist kein Anwalt erforderlich – man kann die vollstreckbare Ausfertigung direkt beim Arbeitsgericht beantragen.
Mahnbescheid oder Fortsetzung des Verfahrens
Sollte der Arbeitgeber auch nach Fristablauf nicht zahlen, ist der nächste Schritt die Beantragung eines gerichtlichen Mahnbescheids oder die Fortsetzung des bereits ruhenden Verfahrens. In diesem Fall kann man das Gericht direkt mit einem einfachen Schreiben bitten, das Verfahren wieder aufzunehmen, etwa mit Verweis auf die nicht erfolgte Zahlung.
Dokumentationspflicht ernst nehmen
Entscheidend für eine erfolgreiche Forderung ist, dass die Betroffene eine durchgehende Krankschreibung bis zum 31. Januar nachweist oder sich auf Annahmeverzug beruft. Fehlende Nachweise können die Lohnforderung erheblich erschweren. Wer sich krankmeldet, sollte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung stets vollständig vorlegen.
TV-L Eingruppierung öffentlicher Dienst: Rückstufung möglich? 👆Besonderheiten bei Kündigung in Elternzeit
Auch wenn ein Kündigungsschutz während der Elternzeit besteht, ist eine Kündigung unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Zustimmung der Aufsichtsbehörde erforderlich
Gemäß § 18 BEEG ist eine Kündigung während der Elternzeit grundsätzlich unzulässig. Ausnahmen bestehen jedoch, wenn die zuständige Landesbehörde der Kündigung ausdrücklich zustimmt. Liegt eine solche Zustimmung nicht vor, ist die Kündigung nichtig. Ob dies im vorliegenden Fall geprüft wurde, ist unklar – sollte aber in jedem Fall im Rahmen einer Kündigungsschutzklage thematisiert werden.
Rückwirkung der Kündigung und ihre Folgen
Wird im Rahmen einer gerichtlichen Verhandlung das Ende des Arbeitsverhältnisses rückwirkend auf einen späteren Zeitpunkt datiert – wie hier vom 20. auf den 31. Januar –, hat dies Auswirkungen auf die Vergütungspflicht. Denn der Arbeitnehmer bleibt bis dahin vertraglich gebunden und hat Anspruch auf Lohn oder Entgeltfortzahlung, sofern keine Ausschlussgründe vorliegen.
Elternzeit Anspruch clever nutzen trotz Begrenzung 👆Zwischenfazit zur Bewertung des Falls
Die Arbeitnehmerin hat gute Chancen, ihre Ansprüche durchzusetzen – sei es durch Urlaubsabgeltung oder durch Lohnfortzahlung. Entscheidend ist allerdings, wie stichhaltig die Nachweise zur Arbeitsunfähigkeit oder zur Annahmeverzugs-Situation sind. Sollte der Vergleich bis zum 21. März nicht widerrufen werden, ist dieser verbindlich – auch für den Arbeitgeber. Ein späteres Zurückrudern wegen fehlender AU wäre dann nur unter sehr engen rechtlichen Voraussetzungen denkbar.
Nutzung Excel-Dateien Renteneintritt: Was darf der Arbeitgeber? 👆Fazit
Wenn ein Arbeitgeber die Lohnzahlung nach Kündigung verweigert, obwohl das Arbeitsverhältnis formell weiterlief, steht die betroffene Person oft vor einer juristisch wie emotional belastenden Situation. Im hier geschilderten Fall wurde die Lohnzahlung für einen Zeitraum zurückgehalten, obwohl die Kündigungsfrist bis zum 31. Januar lief. Durch das Gericht wurde diese Frist sogar bestätigt. Entscheidend war am Ende, ob eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit bestand oder ob der Arbeitgeber sich in Annahmeverzug befand. Auch die Urlaubsabgeltung war ein zentrales Thema, das mithilfe gesetzlicher Grundlagen wie § 7 Abs. 4 BUrlG und § 17 BEEG klar beurteilt werden konnte.
Wer sich in einer ähnlichen Lage befindet, sollte frühzeitig auf eine ordentliche Dokumentation achten und rechtzeitig reagieren, um mögliche Ansprüche – insbesondere auf Lohnzahlung nach Kündigung – nicht zu verlieren. Die Zustimmung zum gerichtlichen Vergleich kann sinnvoll sein, sollte aber immer gut abgewogen werden.
Elternzeit Kündigungsschutz und Wartezeit nach KSchG 👆FAQ
Wann besteht ein Anspruch auf Lohnzahlung nach Kündigung?
Ein Anspruch auf Lohnzahlung nach Kündigung besteht, wenn das Arbeitsverhältnis formal weiterlief und der Arbeitgeber sich im Annahmeverzug befand oder eine Arbeitsunfähigkeit mit Attest nachgewiesen wurde.
Muss während der Elternzeit Urlaubsabgeltung gezahlt werden?
Urlaubsabgeltung muss gezahlt werden, wenn der Urlaub aus dem Vorjahr nicht genommen wurde und das Arbeitsverhältnis endet. Während der Elternzeit darf der Urlaub jedoch für volle Monate nach § 17 BEEG gekürzt werden.
Was passiert, wenn keine Krankmeldung für den gesamten Zeitraum vorliegt?
Liegt keine durchgehende Krankschreibung vor, kann der Arbeitgeber die Lohnzahlung verweigern, es sei denn, es liegt Annahmeverzug vor, etwa wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung gar nicht mehr angenommen hätte.
Gilt der Kündigungsschutz in der Elternzeit uneingeschränkt?
Nein, während der Elternzeit besteht zwar grundsätzlich Kündigungsschutz (§ 18 BEEG), aber dieser kann durch Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde aufgehoben werden.
Was bedeutet das Ruhen des Verfahrens im arbeitsgerichtlichen Kontext?
Das Ruhen bedeutet, dass das Verfahren vorerst nicht weitergeführt wird, um den Parteien die außergerichtliche Klärung bestimmter Punkte zu ermöglichen – wie hier bei der Lohnzahlung nach Kündigung.
Wie kann man eine Urlaubsabgeltung berechnen?
Die Berechnung erfolgt nach § 11 BUrlG. Maßgeblich ist der durchschnittliche Bruttolohn der letzten 13 Wochen vor Ende des Arbeitsverhältnisses.
Ist ein gerichtlicher Vergleich sofort verbindlich?
Ein gerichtlicher Vergleich wird rechtskräftig, wenn keine Partei innerhalb der Widerrufsfrist widerspricht. Danach können daraus Ansprüche vollstreckt werden, etwa bei verweigerter Lohnzahlung nach Kündigung.
Kann man auch ohne Anwalt gegen Lohnverweigerung vorgehen?
Ja, man kann Mahnbescheid oder Zwangsvollstreckung auch ohne Anwalt beantragen – z. B. mit Hilfe der Rechtsantragsstelle beim Arbeitsgericht.
Warum wurde der Urlaub für 2024 nicht abgegolten?
Weil laut § 17 Abs. 1 BEEG für jeden vollen Monat Elternzeit der Urlaubsanspruch gekürzt werden darf. Im Januar 2024 bestand kein voller Arbeitsmonat mehr, daher entstand kein Anspruch.
Was tun, wenn der Arbeitgeber trotz Vergleich nicht zahlt?
Dann kann mit der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt oder das Verfahren vor Gericht fortgesetzt werden.
Schlechtes Arbeitszeugnis richtig verstehen 👆