Mündliche Absprache Firmenwagen – so lautete die Grundlage für die tägliche Arbeit eines langjährigen Mitarbeiters, der nach einer Erkrankung plötzlich zum Pendeln gezwungen wird. Was viele nicht wissen: Solche Abmachungen können tatsächlich arbeitsrechtliche Relevanz entfalten – aber nur unter bestimmten Voraussetzungen.
Rechtliche Einordnung der Absprache
Wenn eine mündliche Absprache über mehrere Jahre hinweg gelebt wird, kann sie rechtlich relevant werden. Das betrifft auch die Nutzung eines Firmenwagens ab Wohnort.
Gewohnheitsrecht im Arbeitsverhältnis
Die sogenannte „betriebliche Übung“ (§ 242 BGB) kann eine konkludente Änderung des Arbeitsvertrags darstellen. Das bedeutet: Wenn ein Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum eine bestimmte Praxis duldet, wie z. B. die tägliche Abfahrt von zu Hause mit dem Firmenfahrzeug, kann sich daraus ein Anspruch ableiten lassen. Entscheidend ist, dass der Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum hinweg widerspruchslos zugestimmt hat.
Dauer und Klarheit der Praxis
In diesem Fall war die Regelung über zwei Jahre hinweg klar, regelmäßig und unbeanstandet. Es bestand auch eine konkrete Absprache mit dem Vorgesetzten. Das spricht durchaus für eine konkludente Vereinbarung. Doch: Durch die langen krankheitsbedingten Ausfälle kann der Arbeitgeber argumentieren, dass die Praxis unterbrochen wurde und somit nicht mehr bindend sei.
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Längere Krankheitszeiten können sich negativ auf den Bestand einer gelebten Praxis auswirken. Aber gilt das auch im konkreten Fall?
Unterbrechung und Wiederaufnahme
Zwei krankheitsbedingte Ausfälle von jeweils vier Monaten (insgesamt acht Monate) innerhalb eines Jahres sind erheblich. Das kann dazu führen, dass der Arbeitgeber die vorherige Praxis nicht automatisch wieder aufnehmen muss. Nach § 615 BGB besteht während der Krankheit kein Anspruch auf Beschäftigung – und damit auch keine Fortsetzung bestehender Nebenabsprachen.
Geltung nach Rückkehr
Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber nach der Rückkehr an die alte Regelung anknüpft oder ausdrücklich widerspricht. Im vorliegenden Fall wurde das Fahrzeug bereits anderweitig vergeben – das ist ein starkes Indiz dafür, dass der Arbeitgeber die Regelung nicht mehr aufrechterhalten will.
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Ein weiterer Aspekt betrifft die steuerliche Behandlung des Firmenwagens. Denn wenn das Fahrzeug auch privat genutzt wurde, ergibt sich daraus ein geldwerter Vorteil.
Steuerrechtliche Einordnung
Ein geldwerter Vorteil liegt vor, wenn der Arbeitnehmer das Fahrzeug auch für private Fahrten nutzt – das gilt auch für den täglichen Arbeitsweg. Wurde dieser Vorteil versteuert (z. B. mit der 1%-Regel), spricht dies für eine dokumentierte und bewusste Nutzungserlaubnis.
Bedeutung für die Beweislage
Wenn auf der Lohnabrechnung regelmäßig der geldwerte Vorteil auftaucht, kann das als Beleg für eine längerfristige Gestattung dienen. Wird dieser Vorteil nach der Rückkehr plötzlich gestrichen, könnte ein Bruch der bisherigen Praxis argumentiert werden.
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Was kann man tun, wenn der Chef plötzlich eine solche Absprache aufkündigt? Gibt es rechtliche Hebel?
Anspruch durch betriebliche Übung
Unter Umständen lässt sich die Weiterführung der Regelung mit dem Firmenwagen als betriebliche Übung einklagen. Dabei müssten die Umstände sehr eindeutig belegen, dass eine rechtsverbindliche Praxis bestand – hier können auch Zeugenaussagen oder E-Mails helfen. Das Arbeitsgericht müsste dann prüfen, ob eine Änderungskündigung nötig gewesen wäre.
Gleichbehandlung im Betrieb
Falls andere Mitarbeiter weiterhin das Fahrzeug nutzen dürfen und der Betroffene allein ausgeschlossen wird, kann das gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 BetrVG) verstoßen. Dann besteht ein zusätzlicher Ansatzpunkt.
Arbeiten vor Arbeitsbeginn: Was ist erlaubt? 👆Kündigung oder Auflösung als Option?
Das Arbeitsverhältnis ist gestört – so die Einschätzung des Arbeitnehmers selbst. Aber was tun, wenn man nicht kündigen will, aber auch keine Perspektive sieht?
Abfindung nur bei betriebsbedingter Kündigung
Viele denken: Bei Kündigung gibt es automatisch eine Abfindung. Das ist aber falsch. Ein gesetzlicher Anspruch besteht nur in Ausnahmefällen (§ 1a KSchG) – etwa bei betriebsbedingter Kündigung mit entsprechender Formulierung im Kündigungsschreiben. Wer selbst kündigt, verliert jede Aussicht auf Abfindung.
Aufhebungsvertrag als Zwischenlösung
Eine denkbare Lösung wäre ein Aufhebungsvertrag mit Abfindung. Doch dieser setzt die Zustimmung des Arbeitgebers voraus. Der Hinweis auf ein gestörtes Vertrauensverhältnis kann hier ein Verhandlungspunkt sein – aber auch ein Risiko, wenn der Arbeitgeber lieber eine fristlose Kündigung ausspricht.
Aufhebungsvertrag ohne Abfindung: Ihre Optionen 👆Praktische Tipps für Betroffene
Wer in einer ähnlichen Lage ist, sollte strategisch vorgehen – vor allem in Hinblick auf eine mögliche spätere gerichtliche Auseinandersetzung.
Schriftliche Bestätigung nachfordern
Ein erster Schritt wäre, den Chef schriftlich um Bestätigung der ursprünglichen mündlichen Vereinbarung zu bitten. Wird dies verweigert, ist das zumindest ein Indiz für die Absicht, die Praxis zu ändern. Diese Korrespondenz kann später vor Gericht wichtig sein.
Dokumentation sammeln
Alle Belege über die frühere Handhabung sollten gesammelt werden: Fahrtenbuch, Kalendernotizen, Tankquittungen, Zeugenaussagen von Kollegen – alles, was die Regelmäßigkeit und Akzeptanz der früheren Regelung belegen kann.
Beratung durch Fachanwalt
In solch komplexen Situationen ist die Einschaltung eines Fachanwalts für Arbeitsrecht sinnvoll. Nur er kann eine fundierte Einschätzung geben, ob eine Klage Aussicht auf Erfolg hat oder nicht.
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Einige Gerichte haben sich mit ähnlichen Fällen befasst – auch wenn jeder Einzelfall anders liegt.
BAG-Urteil zur betrieblichen Übung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Az. 3 AZR 502/11) hat betont, dass eine betriebliche Übung nicht schon durch bloßes Dulden entsteht, sondern eine wiederholte gleichartige Leistung über längere Zeit notwendig ist – meistens über drei Jahre. In unserem Fall wären zwei Jahre wohl zu kurz.
LAG Hamm zur Rücknahme betrieblicher Praxis
Das Landesarbeitsgericht Hamm (Az. 10 Sa 512/16) hat geurteilt, dass eine einmal etablierte Praxis nur durch Änderungskündigung beendet werden kann – wenn diese vertraglich nicht anders geregelt wurde. Entscheidend ist dabei stets die Transparenz und Dauerhaftigkeit.
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Mündliche Absprache Firmenwagen – klingt harmlos, kann aber im Streitfall enorme Auswirkungen auf den Arbeitsalltag und die Rechte eines Arbeitnehmers haben. Auch wenn solche Absprachen nicht schriftlich fixiert wurden, können sie durch langjährige Praxis arbeitsrechtlich bindend sein – vorausgesetzt, sie wurden regelmäßig, widerspruchslos und über einen längeren Zeitraum hinweg gelebt. Doch gerade bei längerer Krankheit oder einem gestörten Vertrauensverhältnis kann der Arbeitgeber die Gelegenheit nutzen, solche Regelungen zurückzuziehen. Entscheidend ist deshalb die Beweisbarkeit: Wer eine mündliche Absprache durchsetzen will, braucht eine gute Dokumentation, gegebenenfalls Zeugen und im Idealfall die Hilfe eines Fachanwalts. Nur so lässt sich prüfen, ob die mündliche Vereinbarung rund um den Firmenwagen tatsächlich einen rechtlichen Anspruch begründet – oder ob man leider leer ausgeht.
Anspruch Arbeitsunfall Spätfolgen nach 30 Jahren? 👆FAQ
Zählt eine mündliche Absprache auch, wenn sie nie schriftlich bestätigt wurde?
Ja, unter bestimmten Umständen kann eine mündliche Absprache auch ohne Schriftform rechtlich relevant sein – insbesondere dann, wenn sie über einen längeren Zeitraum hinweg regelmäßig und widerspruchslos gelebt wurde. Das nennt man im Arbeitsrecht „betriebliche Übung“. Allerdings muss man diese Praxis auch beweisen können.
Kann ich Schadenersatz fordern, wenn ich durch den Wegfall der Firmenwagennutzung höhere Fahrtkosten habe?
Grundsätzlich besteht kein Anspruch auf Ersatz von Fahrtkosten, wenn es keine klare arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Grundlage gibt. Nur wenn der Arbeitgeber vertraglich zur Bereitstellung eines Fahrzeugs verpflichtet war, könnte man eventuell Schadenersatz fordern. Ein bloßer Gewohnheitsanspruch reicht meistens nicht aus.
Ist die Nutzung eines Firmenwagens ab Wohnort steuerlich relevant?
Ja, wenn ein Firmenwagen auch für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt wird, entsteht ein sogenannter geldwerter Vorteil. Dieser muss nach § 8 EStG (Einkommensteuergesetz) versteuert werden – entweder pauschal (1%-Regel) oder per Fahrtenbuch. Das gilt selbst dann, wenn die Nutzung mündlich vereinbart war.
Wie lange muss eine betriebliche Übung bestehen, damit sie rechtskräftig wird?
In der Regel spricht man bei mindestens drei Jahren regelmäßiger, gleichartiger Gewährung von einer betrieblichen Übung. Zwei Jahre, wie im Fall der mündlichen Absprache Firmenwagen, könnten je nach Konstellation zu kurz sein – das wäre dann durch ein Arbeitsgericht zu klären.
Darf mein Chef eine mündliche Absprache einfach widerrufen?
Wenn die Absprache Teil einer betrieblichen Übung oder stillschweigenden Vertragsergänzung geworden ist, kann der Arbeitgeber sie nicht ohne Weiteres widerrufen. In der Regel wäre eine sogenannte Änderungskündigung notwendig, wenn dadurch wesentliche Arbeitsbedingungen verändert werden.
Muss ich der Änderung schriftlich widersprechen, wenn ich meine Rechte wahren will?
Ja, es ist absolut ratsam, Änderungen der Arbeitsbedingungen – wie den Entzug der vereinbarten Firmenwagennutzung – schriftlich zu widersprechen. Ein stillschweigendes Akzeptieren kann sonst als Zustimmung gewertet werden. Dokumentation ist hier das A und O.
Was passiert, wenn mein Arbeitgeber die Firmenwagennutzung anderen erlaubt, mir aber nicht?
In diesem Fall könnte ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 BetrVG) vorliegen. Wenn vergleichbare Mitarbeiter weiterhin profitieren, Sie aber nicht, sollte das arbeitsrechtlich geprüft werden – unter Umständen ist das diskriminierend oder willkürlich.
Gibt es Unterschiede, ob ich ein Monteurfahrzeug oder einen PKW zur Verfügung hatte?
Ja, die Art des Firmenwagens kann eine Rolle spielen. Ein Monteurfahrzeug dient in der Regel rein dienstlichen Zwecken, während ein PKW oft auch zur privaten Nutzung bereitgestellt wird. Nur Letzteres löst regelmäßig einen geldwerten Vorteil aus – was wiederum die Beweislage für eine bestehende Absprache stärken kann.
Kann ich während der Elternzeit auf meine alte Regelung pochen?
Während der Elternzeit ruht das Arbeitsverhältnis (§ 17 BEEG), daher gelten Ansprüche aus mündlichen Absprachen in dieser Zeit nicht automatisch weiter. Nach der Rückkehr könnte man aber auf Wiederherstellung der alten Bedingungen pochen – vorausgesetzt, die vorherige Regelung war rechtswirksam etabliert.
Wird die Nutzung eines Firmenwagens durch mündliche Absprache im Arbeitszeugnis erwähnt?
In der Regel nicht – Arbeitszeugnisse beschränken sich auf die Beschreibung der Tätigkeit, Leistung und Sozialverhalten. Individuelle Zusatzleistungen wie eine mündlich vereinbarte Firmenwagennutzung tauchen dort nur auf, wenn sie außergewöhnlich oder ausdrücklich vereinbart waren.
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