Schlechte Unterbringung Montage – bei diesem Thema wird vielen Arbeitnehmern mulmig. Wenn Fenster absturzgefährlich sind, Schimmel an den Wänden klebt und Bettwanzen zum Alltag gehören, stellt sich eine zentrale Frage: Müssen sich Beschäftigte das wirklich gefallen lassen?
Rechtslage bei gefährlicher Unterkunft
Der Zustand der Monteursunterkunft ist nicht nur ärgerlich, sondern in Teilen klar gesundheitsgefährdend. Genau das macht den Unterschied – denn das deutsche Arbeitsrecht schützt Arbeitnehmer:innen nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch bei der gestellten Unterbringung.
Verantwortung des Arbeitgebers
Nach § 618 BGB ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass Leben und Gesundheit der Mitarbeitenden nicht gefährdet werden. Diese Pflicht gilt laut Rechtsprechung auch dann, wenn der Arbeitgeber eine Unterkunft zur Verfügung stellt. Die Gerichte legen den Begriff „Schutzpflicht“ dabei weit aus: Auch grobe Hygienemängel, fehlende Rauchmelder (§ 47 BauO NRW) oder potenzielle Absturzgefahren können diese Pflicht verletzen.
Gesundheitsgefahr und Meldepflicht
Schimmelbefall, mangelnder Brandschutz und die wiederholte Präsenz von Bettwanzen stellen nicht nur einen Hygienemangel dar, sondern eine ernstzunehmende Gesundheitsgefahr. In solchen Fällen muss der Arbeitgeber nicht nur informiert, sondern bei Untätigkeit auch die zuständige Arbeitsschutzbehörde oder Berufsgenossenschaft benachrichtigt werden. Eine anonyme Meldung ist gemäß § 17 ArbSchG möglich und oft hilfreich, wenn man Angst vor Konsequenzen im Betrieb hat.
Was tun bei Untätigkeit?
Wenn über Jahre hinweg keine Maßnahmen erfolgen, obwohl diverse Stellen – etwa Personalabteilung, Geschäftsleitung oder sogar eine Ethikkommission – informiert wurden, ist das rechtlich bedenklich. Die Rechtsprechung erkennt in solchen Fällen teils auch ein Rücktrittsrecht vom Einsatzort an, etwa wenn akute Gefahr für Leib und Leben besteht (LAG Hamm, Urteil vom 10.03.2020 – 18 Sa 798/19). Auch eine fristlose Kündigung wegen Pflichtverletzung des Arbeitgebers kann unter Umständen gerechtfertigt sein, sollte aber vorher anwaltlich geprüft werden.
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Eine der häufigsten Fragen lautet: Kann ich mich als Einzelner überhaupt wehren? Die Antwort ist ein vorsichtiges Ja – mit der richtigen Strategie.
Dokumentation und Beweislast
Wer etwas bewegen will, muss sauber dokumentieren. Fotos von Schimmel, defekten Installationen oder Bettwanzen sind essenziell. Auch Aussagen von Kolleg:innen können als Zeugenbeweise hilfreich sein. All das wird wichtig, wenn man später juristisch gegen den Arbeitgeber oder die Unterkunft vorgehen will. Laut § 3 ArbSchG hat der Arbeitgeber eine Dokumentationspflicht – bei Nichterfüllung können Arbeitnehmer selbst aktiv werden.
Kollektives Vorgehen und Betriebsrat
Angst vor Einzelaktionen ist verständlich. Umso wirksamer ist ein kollektives Vorgehen – etwa über den Betriebsrat. Der kann offizielle Maßnahmen einleiten, Beschwerden beim Arbeitsschutz einreichen und anonymisiert kommunizieren. Das Betriebsverfassungsgesetz (§ 87 BetrVG) erlaubt es dem Betriebsrat sogar, bei Gesundheitsgefahren Betriebsvereinbarungen zu fordern oder externe Prüfungen zu verlangen.
Berufsgenossenschaft und Arbeitsschutzamt
Eine effektive, oft unterschätzte Möglichkeit: die Einschaltung der Berufsgenossenschaft. Diese nimmt anonyme Hinweise entgegen und kann Kontrollen anordnen, insbesondere bei „Gefahr im Verzug“. Auch das zuständige Gewerbeaufsichtsamt ist verpflichtet, Hinweisen nachzugehen – vor allem bei wiederholten Verstößen.
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Die Angst vor Jobverlust oder Ausgrenzung ist groß. Viele Mitarbeitende schweigen, selbst wenn sie unter unzumutbaren Bedingungen leben. Doch gerade deshalb braucht es Aufklärung über die Rechte – und Mut zur Vernetzung. Die Realität ist: Solche Missstände verschwinden selten von allein.
Manchmal reicht ein kleiner Anstoß, damit etwas ins Rollen kommt. Wer also den ersten Schritt wagt, sollte wissen: Die rechtliche Grundlage ist auf Ihrer Seite.