Unzulässige Austauschkündigung befristet – genau darum geht es, wenn ein Arbeitsverhältnis ausläuft, aber dieselbe Stelle direkt neu mit einem Leiharbeitnehmer besetzt wird. Doch ist das wirklich legal? Viele Betroffene fühlen sich in solchen Fällen machtlos – aber genau hier lohnt sich ein tieferer Blick in die Rechtslage.
Was ist eine Austauschkündigung?
Austauschkündigungen sind ein bekanntes arbeitsrechtliches Problem: Eine Kündigung wird ausgesprochen, obwohl der Arbeitsplatz an sich bestehen bleibt. Der Clou daran? Die Stelle wird einfach mit einer anderen Person neu besetzt – häufig mit Leiharbeitnehmern oder günstigeren Arbeitskräften. Gerade das ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z. B. BAG, Urteil vom 21.02.2001 – 7 AZR 87/00) nicht erlaubt, wenn es sich um eine betriebsbedingte Kündigung handelt.
Kündigungsschutz greift nur bei Kündigungen
Das Problem bei befristeten Verträgen ist allerdings: Eine formelle Kündigung gibt es nicht. Der Arbeitsvertrag läuft schlicht aus. Damit entfällt auf den ersten Blick die Möglichkeit, sich auf eine „unzulässige Kündigung“ zu berufen – denn gekündigt wurde ja gar nicht.
Auslaufender Vertrag und gleiche Stelle?
Die Frage, die sich viele stellen: Wenn mein befristeter Vertrag endet, aber der Arbeitgeber denselben Arbeitsplatz weiterhin braucht und ihn direkt neu besetzt – ist das nicht letztlich dasselbe wie eine Austauschkündigung?
Hier wird’s juristisch spannend: Eine echte „Kündigung“ liegt nicht vor, aber möglicherweise ein Verstoß gegen das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).
Geldwerter Vorteil Dienstwagen bei Krankheit erklärt 👆Die rechtliche Grundlage des TzBfG
Das TzBfG regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Befristung wirksam ist. Besonders relevant ist hier § 14 TzBfG.
Befristung ohne Sachgrund – nur 2 Jahre
Nach § 14 Abs. 2 TzBfG darf ein Arbeitsvertrag ohne sachlichen Grund nur bis zu zwei Jahre befristet werden – inklusive maximal dreimaliger Verlängerung. Außerdem darf mit demselben Arbeitgeber nicht vorher schon ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden haben, sonst ist eine sachgrundlose Befristung ausgeschlossen.
Befristung mit Sachgrund – strengere Prüfung
Bei einer Befristung mit Sachgrund, etwa weil ein „vorübergehender Bedarf“ besteht (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG), kann die Vertragsdauer darüber hinausgehen. Aber: Der Grund muss echt sein – und das ist häufig der Streitpunkt. Wenn die gleiche Stelle weiterhin existiert, erscheint ein „nur vorübergehender Bedarf“ schwer nachvollziehbar.
Beispiel aus der Praxis
Ein Arbeitnehmer hat einen Vertrag vom 01.08.2023 bis 31.07.2024 ohne Sachgrund. Anschließend erhält er einen weiteren befristeten Vertrag für ein weiteres Jahr – diesmal mit Sachgrund „vorübergehender Bedarf“. Noch während dieser Zeit wird intern die Stelle ausgeschrieben – aber mit dem Zusatz, dass sie künftig durch einen Zeitarbeitnehmer besetzt wird. Das wirkt auf viele wie ein klarer Fall von Austausch.
Wettbewerbsverbot ohne Tätigkeit wirksam? 👆Möglichkeiten der Gegenwehr
Die juristische Frage lautet: Kann man sich gegen die Nichtverlängerung eines befristeten Vertrags wehren, wenn er faktisch durch eine andere Person ersetzt wird?
Kein klassischer Kündigungsschutz
Klassische Kündigungsschutzvorschriften nach dem Kündigungsschutzgesetz greifen nicht, da keine Kündigung ausgesprochen wurde. Deshalb ist auch die sogenannte „Austauschkündigung“ in ihrer klassischen Form hier nicht direkt anwendbar.
Prüfung der Wirksamkeit der Befristung
Aber: Der entscheidende Punkt ist, ob die letzte Befristung überhaupt wirksam war. Besonders, wenn ein sachlicher Grund vorgeschoben wird, obwohl die Stelle dauerhaft besteht, kann das angreifbar sein. Hier kommt § 17 TzBfG ins Spiel: Der Arbeitnehmer kann innerhalb von drei Wochen nach Vertragsende eine sogenannte Entfristungsklage beim Arbeitsgericht einreichen. Damit wird geprüft, ob die Befristung rechtmäßig war.
Argumentation über Umgehungsverbot
Es gibt Stimmen in der juristischen Literatur, die davon ausgehen, dass der Missbrauch befristeter Verträge – gerade mit dem Ziel, den Kündigungsschutz zu umgehen – unzulässig ist. Eine analoge Anwendung der Rechtsprechung zur Austauschkündigung kommt jedoch nur in sehr engen Fällen in Betracht, wenn eine gesetzliche Regelungslücke nachweisbar ist. In der Regel wird dies von den Gerichten jedoch eher zurückhaltend beurteilt.
TVÖD Überstunden abfeiern erzwingen erlaubt? 👆Rolle der internen Kommunikation
Ein weiterer Aspekt ist, wie offen im Unternehmen mit dem Austausch umgegangen wird.
Aussagen von Vorgesetzten
Wenn Vorgesetzte offen mitteilen, dass der Vertrag nicht verlängert wird, obwohl die Stelle weiterhin benötigt wird, kann dies ein Indiz für eine Umgehung sein. Solche Aussagen sollten Betroffene dokumentieren. Ob sie rechtlich verwertbar sind, hängt vom Einzelfall ab.
Stellenausschreibung als Beleg?
Auch die Stellenausschreibung, insbesondere wenn ausdrücklich von Zeitarbeitnehmern die Rede ist, kann ein wichtiges Argument im Prozess sein. Sie kann deutlich machen, dass nicht der Arbeitsplatz, sondern nur die Person ausgetauscht werden soll.
Arbeitsverhältnis gekündigt Krankheit Urlaub erklärt 👆Was tun bei Verdacht auf Austausch?
Wenn Sie vermuten, dass Ihre Stelle lediglich mit einer anderen Person neu besetzt wird, lohnt sich juristischer Beistand. Besonders bei nicht nachvollziehbaren Sachgründen sollte ein Fachanwalt für Arbeitsrecht den Vertrag prüfen.
Entfristungsklage rechtzeitig einreichen
Die Klage muss innerhalb von drei Wochen nach Vertragsende beim Arbeitsgericht eingereicht werden (§ 17 TzBfG). Danach erlischt das Klagerecht – ganz gleich, wie gut Ihre Argumente sein mögen.
Gerichtliche Entscheidung individuell
Es gibt keine pauschale Entscheidungspraxis. Gerichte prüfen den konkreten Sachverhalt: Gab es tatsächlich nur vorübergehenden Bedarf? Oder lag eine bewusste Umgehung des Kündigungsschutzes vor? Auch wenn es sich um eine sogenannte verdeckte Austauschkündigung handelt, ist der Nachweis nicht einfach – aber mit guter Vorbereitung nicht aussichtslos.
Fristlose Kündigung Folgen rechtlich erklärt 👆Fazit
Die Frage, ob eine unzulässige Austauschkündigung befristet auch dann greift, wenn es formal keine Kündigung gibt, sondern nur der Vertrag ausläuft, ist komplex – aber definitiv nicht aussichtslos. Zwar sieht das Gesetz eine Trennung zwischen Kündigung und Befristung vor, dennoch kann ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen auch bei befristeten Verträgen rechtlich angreifbar sein. Wenn die Stelle nicht entfällt, sondern direkt neu – womöglich sogar mit einem Zeitarbeitnehmer – besetzt wird, sollte man die Wirksamkeit der Befristung prüfen lassen. Wer hier nicht blind akzeptiert, sondern aktiv wird, kann im Zweifel die eigene Position deutlich stärken. Wichtig ist: Rechtzeitig handeln, Fristen kennen – und sich bei Unsicherheiten unbedingt juristisch beraten lassen. Denn selbst ohne formelle Kündigung kann eine unzulässige Austauschkündigung befristet in bestimmten Fällen erfolgreich angegriffen werden.
Fehlende Tätigkeiten Arbeitszeugnis: Beweise? 👆FAQ
Kann ich gegen eine nicht verlängerte Befristung klagen?
Ja, mit einer sogenannten Entfristungsklage nach § 17 TzBfG. Diese muss innerhalb von drei Wochen nach dem Vertragsende eingereicht werden. Danach ist eine Klage nicht mehr möglich – selbst wenn der Austausch offensichtlich scheint.
Gilt die Austauschkündigung auch ohne formelle Kündigung?
Nicht direkt. Die klassische Austauschkündigung setzt eine Kündigung voraus. Bei befristeten Verträgen kann aber eine missbräuchliche Nichtverlängerung ebenfalls rechtlich angreifbar sein – etwa, wenn der Sachgrund konstruiert wirkt oder eine Umgehung des Kündigungsschutzes vorliegt.
Wie kann ich belegen, dass meine Stelle neu besetzt wurde?
Wichtig sind Beweise: interne Stellenausschreibungen, Aussagen von Vorgesetzten, E-Mails oder andere Hinweise, dass dieselbe Position erneut besetzt wird – insbesondere mit einem Leiharbeitnehmer. Je konkreter die Belege, desto stärker Ihre Position.
Was passiert, wenn ich die Klagefrist verpasse?
Dann ist die Befristung automatisch wirksam, auch wenn sie eigentlich rechtswidrig war. Deshalb ist es essenziell, die Frist von drei Wochen zu kennen und rechtzeitig zu handeln – am besten mit anwaltlicher Unterstützung.
Gibt es Urteile, die eine analoge Anwendung zulassen?
Es gibt einzelne Urteile, in denen Gerichte Umgehungskonstrukte als unzulässig gewertet haben – etwa wenn durch Befristungen systematisch der Kündigungsschutz ausgehebelt wird. Eine direkte Übertragung der Austauschkündigungsrechtsprechung auf Befristungen ist aber juristisch umstritten und stets einzelfallabhängig.
Kündigung nach langer Krankheit: Was tun jetzt? 👆