Vergleich nach Kündigung – klingt zunächst nach einem Abschluss mit dem alten Arbeitgeber. Doch was ist, wenn noch Vorwürfe wie Lohnbetrug oder Verleumdung im Raum stehen? In diesem Beitrag klären wir, ob ein solcher Vergleich wirklich alle Ansprüche erledigt und ob strafrechtliche Schritte trotzdem möglich sind.
Vergleichsformulierung verstehen
Die wichtigste Passage in vielen gerichtlichen Vergleichen lautet: „Mit Erfüllung des Vergleichs sind sämtliche Ansprüche zwischen den Parteien aus dem Arbeitsverhältnis, seiner Beendigung oder sonstigen Rechtsgründen und gleich ob bekannt oder unbekannt, abschließend abgegolten und erledigt.“ Diese Formulierung wirkt auf den ersten Blick wie ein endgültiger Schlussstrich – und das ist sie zivilrechtlich tatsächlich auch.
Zivilrechtlich alles erledigt?
Im arbeitsrechtlichen Kontext bedeutet diese Klausel, dass nach Annahme des Vergleichs keine weiteren zivilrechtlichen Ansprüche – etwa ausstehende Löhne, Überstundenvergütung oder Urlaubsabgeltung – mehr geltend gemacht werden können. Auch für Fälle, die erst später bekannt werden, ist der Weg versperrt. Das betrifft also jegliche nachträglich entdeckten Unregelmäßigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis, sofern sie nicht explizit vom Vergleich ausgenommen wurden.
Auch unfaire Behandlung umfasst?
Ja, sogar angebliche Falschaussagen im Zivilprozess – etwa vor dem Arbeitsgericht – fallen grundsätzlich unter den Vergleich, sofern sie Teil des Konflikts waren, der mit dem Vergleich beigelegt wurde. Wer also glaubt, durch einen Vergleich danach noch zivilrechtlich gegen solche Äußerungen vorgehen zu können, wird meist enttäuscht.
Unzulässige Austauschkündigung befristet prüfen 👆Strafrechtliche Optionen bleiben bestehen
So weit, so klar: Der Vergleich regelt zivilrechtliche Aspekte. Doch was ist mit strafrechtlichen Vorwürfen? Können Betroffene nach einem Vergleich Anzeige erstatten, etwa wegen Verleumdung oder falscher uneidlicher Aussage?
Abgrenzung zum Strafrecht
Ein arbeitsgerichtlicher Vergleich hat keinerlei Wirkung auf das Strafrecht. Das heißt: Selbst wenn alle zivilrechtlichen Ansprüche erledigt sind, kann die betroffene Person durchaus Strafanzeige stellen – etwa wegen § 187 StGB (Verleumdung) oder § 153 StGB (falsche uneidliche Aussage). Wichtig ist allerdings: Die Staatsanwaltschaft prüft genau, ob tatsächlich ein Anfangsverdacht vorliegt.
Hohes Beweismaß erforderlich
Besonders bei Vorwürfen wie falscher Aussage vor Gericht sind die Anforderungen hoch. Wer den Arbeitgeber oder dessen Zeugin der Lüge bezichtigen möchte, muss konkrete Beweise vorlegen – etwa widersprüchliche Aussagen oder entlastende Zeugen. Eine bloße subjektive Empörung reicht der Staatsanwaltschaft nicht aus, um ein Verfahren einzuleiten.
Geldwerter Vorteil Dienstwagen bei Krankheit erklärt 👆Steuerrecht und Selbstanzeige
Ein interessantes Detail aus dem Fall war die Selbstanzeige beim Finanzamt wegen Schwarzarbeit. Die betroffene Arbeitnehmerin erhielt lange Zeit Barzahlungen unterhalb des Mindestlohns und meldete dies selbst.
Was bringt eine Selbstanzeige?
Gemäß § 371 AO kann bei Steuerhinterziehung eine strafbefreiende Selbstanzeige wirken, sofern sie rechtzeitig und vollständig erfolgt. Doch Achtung: Sie befreit nur von der steuerlichen Strafverfolgung, nicht von weiteren arbeitsrechtlichen oder zivilrechtlichen Folgen. Außerdem muss der Schaden genau beziffert und nachgezahlt werden.
Arbeitgeber in der Verantwortung
Im geschilderten Fall lag die Hauptverantwortung für den Lohnbetrug klar beim Arbeitgeber. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Arbeitnehmerin völlig aus dem Schneider ist. Wer über Jahre „mitgemacht“ hat, kann sich im Nachhinein schwer als reines Opfer darstellen – zumindest aus Sicht der Sozialbehörden. Unter bestimmten Umständen kann auch gegen die Arbeitnehmerin ermittelt werden, wenn z. B. Scheinselbstständigkeit oder Sozialversicherungsbetrug im Raum steht.
Wettbewerbsverbot ohne Tätigkeit wirksam? 👆Insolvenzgefahr nicht unterschätzen
Ein Punkt, den viele vergessen: Selbst wenn man vor Gericht Recht bekommt – was bringt es, wenn der ehemalige Arbeitgeber anschließend Insolvenz anmeldet? Genau davor warnte auch die Anwältin in diesem Fall und riet deshalb zum Vergleich.
Forderungen gegen insolvente Firmen
Wird das Unternehmen zahlungsunfähig, bleibt vom mühsam erstrittenen Anspruch oft nichts übrig. Dann steht man mit einem Titel in der Hand da, aber ohne realistische Vollstreckungschancen. Deshalb kann ein „lächerlich“ wirkendes Vergleichsangebot in der Praxis der beste Weg sein, überhaupt noch etwas Geld zu erhalten – bevor alles in der Insolvenzmasse verschwindet.
Wann wird ein Vergleich unwirksam?
Diese Frage tauchte ebenfalls auf: Könnte ein gerichtlicher Vergleich im Nachhinein aufgehoben werden, etwa wegen Täuschung oder arglistiger Lüge? Theoretisch ja – das nennt man Anfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung (§ 123 BGB). Praktisch ist das aber kaum durchsetzbar, vor allem wenn die Beweise schon zum Zeitpunkt des Vergleichs bekannt waren oder bekannt sein konnten.
TVÖD Überstunden abfeiern erzwingen erlaubt? 👆Persönliche Abgrenzung ist entscheidend
Viele Beiträge im Fall betonten einen zentralen Aspekt: Recht bekommen ist das eine – sich innerlich zu lösen, das andere. Wer emotional zu stark in die Sache verstrickt ist, läuft Gefahr, Energie in juristische Kämpfe zu investieren, die keinen materiellen Mehrwert mehr bringen.
Zeugnis und Zukunft im Blick behalten
Statt den letzten Cent oder Rache für ungerechte Aussagen zu erzwingen, lohnt es sich oft mehr, auf ein gutes Arbeitszeugnis und einen beruflichen Neuanfang zu setzen. Auch Reputationsschäden lassen sich so besser vermeiden, insbesondere wenn zukünftige Arbeitgeber von laufenden Rechtsstreitigkeiten erfahren könnten.
Einzelfallentscheidung mit Weitblick
Am Ende bleibt jede Entscheidung individuell: Wer Beweise für Straftaten hat, sollte sie nutzen – unabhängig vom zivilrechtlichen Vergleich. Wer hingegen auf Entschädigung hofft oder emotionale Genugtuung sucht, wird sich mit einem Vergleich oft leichter tun, wieder nach vorn zu schauen. Dabei hilft ein ehrliches Gespräch mit der Anwältin oft mehr als zehn Foreneinträge.
Arbeitsverhältnis gekündigt Krankheit Urlaub erklärt 👆Fazit
Ein Vergleich nach Kündigung kann viele Türen schließen – aber eben nicht alle. Während zivilrechtliche Ansprüche mit einem solchen Vergleich regelmäßig abgegolten sind, bleibt der strafrechtliche Weg prinzipiell offen. Dennoch ist größte Vorsicht geboten: Strafanzeigen ohne Substanz oder aus reinem Vergeltungsbedürfnis führen selten zum Erfolg – und noch seltener zu innerem Frieden. Wer im Rahmen eines Arbeitsprozesses eine Einigung trifft, sollte genau prüfen, ob der Preis für den „Rechtsfrieden“ nicht zu hoch ist. Und auch, ob es wirklich sinnvoll ist, nach einem Vergleich nach Kündigung erneut alte Konflikte aufzuwärmen. Denn das kann nicht nur juristisch schwierig, sondern auch emotional belastend werden.
Fristlose Kündigung Folgen rechtlich erklärt 👆FAQ
Kann ich trotz Vergleich nach Kündigung eine Strafanzeige stellen?
Ja, ein Vergleich nach Kündigung betrifft nur zivilrechtliche Ansprüche. Strafrechtliche Vorwürfe wie Verleumdung (§187 StGB) oder falsche uneidliche Aussage (§153 StGB) können weiterhin verfolgt werden – sofern ein Anfangsverdacht besteht.
Ist eine Rücknahme des Vergleichs wegen Täuschung möglich?
In Ausnahmefällen kann ein Vergleich wegen arglistiger Täuschung (§123 BGB) angefochten werden. Allerdings sind die Hürden sehr hoch. Es muss nachgewiesen werden, dass die Täuschung den Vergleich unmittelbar beeinflusst hat und nicht bereits bekannt war oder hätte bekannt sein können.
Was passiert, wenn der Arbeitgeber nach dem Vergleich nicht zahlt?
In diesem Fall bleibt nur der Weg der Zwangsvollstreckung. Wenn der Arbeitgeber jedoch zahlungsunfähig oder insolvent ist, besteht das Risiko, dass man trotz rechtmäßigem Anspruch leer ausgeht.
Kann ich später noch auf Schadenersatz klagen?
Wenn der Vergleich wirksam ist und keine Ausnahmen enthält, sind auch Schadenersatzforderungen aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschlossen. Nur Ansprüche, die nicht vom Vergleich erfasst sind – etwa aus strafrechtlich relevantem Verhalten – könnten unter Umständen geltend gemacht werden.
Macht eine Selbstanzeige beim Finanzamt mich wirklich straffrei?
Nicht automatisch. Die Selbstanzeige muss vollständig und rechtzeitig erfolgen (§371 AO), damit Strafbefreiung eintritt. Zudem gilt sie nur für steuerrechtliche Delikte – nicht für andere arbeitsrechtliche oder sozialversicherungsrechtliche Verstöße.
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