Weiterbildung Stornogebühren Rückzahlung – schon die Wortkombination lässt viele zusammenzucken. Denn was auf den ersten Blick wie ein internes Firmenproblem klingt, kann plötzlich zum echten finanziellen Risiko werden – vor allem dann, wenn der Ex-Arbeitgeber plötzlich Geld zurückfordert, das man gar nicht persönlich gezahlt hat.
Rechtliche Verantwortung bei Stornierungen
Zunächst müssen wir uns die Ausgangslage genau anschauen: Der Ex-Mitarbeiter war für eine Weiterbildung angemeldet, die im Interesse des Unternehmens lag. Durch einen kurzfristig angesetzten Auditorentermin wurde die Teilnahme unmöglich, sodass nach Rücksprache mit dem Vorgesetzten eine Stornierung erfolgte. Genau an dieser Stelle beginnt die rechtliche Grauzone.
Wer war Vertragspartner der Weiterbildung?
Juristisch ist ausschlaggebend, wer die Schulung gebucht hat – also, wer als Vertragspartner gegenüber dem Weiterbildungsinstitut aufgetreten ist. Falls der Mitarbeiter im Namen des Unternehmens gehandelt hat (was meistens durch Nutzung der Firmenanschrift, Firmen-E-Mail oder Kostenübernahme erfolgt), dann ist das Unternehmen auch Vertragspartner und damit zunächst zahlungspflichtig. Das ergibt sich aus dem allgemeinen Vertragsrecht, konkret § 164 BGB zur Vertretung im Rechtsverkehr.
Fehlende schriftliche Abrede birgt Risiko
Anders sieht es aus, wenn die Anmeldung zwar dienstlich motiviert, aber formell im eigenen Namen erfolgt ist – das kann im Zweifel durch AGB der Bildungseinrichtung oder die ausgestellte Rechnung belegt werden. Eine fehlende klare Regelung oder schriftliche Beauftragung führt oft dazu, dass man sich plötzlich rechtfertigen muss. Und das passiert häufiger, als man denkt.
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Angenommen, der Mitarbeiter storniert eine Fortbildung, weil ein betriebliches Ereignis dazwischenkommt – wie ein Auditorenbesuch, der keinen Aufschub erlaubt. Dann stellt sich die Frage: Ist das ein „persönlicher Grund“ für die Stornierung oder ein betrieblicher? Für viele Arbeitsgerichte ist das entscheidend.
Handlung im Interesse des Unternehmens
Wenn man die Teilnahme an einer Weiterbildung absagt, weil man betrieblich unabkömmlich ist – zum Beispiel als einziger zertifizierter Mitarbeiter für eine gesetzlich notwendige Prüfung –, dann handelt man grundsätzlich im Interesse des Arbeitgebers. Das spricht stark dafür, dass dieser auch etwaige Stornogebühren zu tragen hat. § 670 BGB erlaubt in solchen Fällen sogar die Erstattung von Aufwendungen durch den Auftraggeber – hier also den Arbeitgeber.
Keine grobe Fahrlässigkeit bei spontaner Absage
Die spontane Natur des Auditorentermins spricht gegen eine grobe Fahrlässigkeit des Mitarbeiters. Es war nicht vorhersehbar, dass der Termin mit der Weiterbildung kollidieren würde, und die Rücksprache mit dem Chef spricht zusätzlich für ein abgestimmtes Vorgehen. Diese Umstände könnten auch vor Gericht Beweiskraft haben – vorausgesetzt, sie lassen sich nachweisen.
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Das größte Risiko liegt – wie so oft – in der Beweisbarkeit. Wer nur mündlich mit dem Chef gesprochen hat, steht im Streitfall oft schlecht da. Arbeitgeber verlassen sich dann gerne auf das Fehlen schriftlicher Freigaben.
Nachweise sichern und Gespräche dokumentieren
Falls Mails, Chatverläufe oder Kalendernotizen existieren, die auf die Absprache mit dem Chef hinweisen, sollten diese unbedingt gesichert werden. Schon eine einfache Kalendereinladung mit dem Hinweis „Zertifizierung wg. Auditor verschoben“ kann im Zweifel den Unterschied machen. Nachträgliche Protokolle oder Bestätigungen helfen ebenfalls.
Ehemaliges Vertrauensverhältnis belastet Klärung
Besonders heikel wird es, wenn man eigentlich in gutem Einvernehmen auseinandergegangen ist – und der Ex-Arbeitgeber dennoch eine Rechnung schickt. Emotionen, verletzter Stolz oder Unklarheiten über die zukünftige Zusammenarbeit können das Ganze noch erschweren. Und rechtlich ist ein „freundlicher Abschied“ leider kein Schutz vor Rückforderungen.
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Wer nach dem Ausscheiden als Dienstleister weiter für die Firma tätig ist, muss zusätzlich aufpassen. Denn aus Sicht der Sozialversicherung könnte hier eine Scheinselbstständigkeit im Raum stehen, insbesondere wenn man zuvor im gleichen Bereich angestellt war.
Statusfeststellungsverfahren sinnvoll
Ein sogenanntes Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung kann hier Klarheit schaffen. Das spielt zwar für die Stornogebühren keine direkte Rolle, aber im Kontext der weiteren Zusammenarbeit ist es essenziell, um spätere Probleme zu vermeiden.
Dienstvertrag statt Arbeitsverhältnis
Wichtig ist, dass alle aktuellen Leistungen auf Basis eines klaren Dienst- oder Werkvertrags erfolgen. Auch sollte klar vermerkt sein, dass eventuelle Rückforderungen aus der Zeit der Festanstellung nicht einseitig mit aktuellen Rechnungen des Dienstleisters verrechnet werden dürfen – das wäre sonst ein unzulässiger Einbehalt.
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Aber was tun, wenn die Firma nun tatsächlich schriftlich eine Rückzahlung verlangt? Hier gibt es einige realistische Optionen, um sich zu wehren – ohne gleich in den offenen Konflikt zu gehen.
Schriftliche Stellungnahme mit Begründung
Zunächst sollte man sachlich reagieren und eine schriftliche Stellungnahme abgeben. Dabei sollte man klar darstellen, dass die Stornierung im Interesse des Unternehmens erfolgte, dass der Termin mit dem Auditor nicht verschiebbar war, und dass eine mündliche Rücksprache mit dem Vorgesetzten erfolgt ist.
Kompromissbereitschaft zeigen, aber nicht einlenken
Gleichzeitig kann man Gesprächsbereitschaft signalisieren, aber auch deutlich machen, dass man die Forderung nicht als rechtmäßig anerkennt. Oft geht es dem Unternehmen nicht nur um das Geld, sondern auch um einen formellen Abschluss. Ein klärendes Gespräch – etwa mit Beteiligung eines neutralen Dritten – kann helfen, das Verhältnis zu wahren.
Rechtliche Klärung nur als letzter Schritt
Sollte keine Einigung möglich sein und die Firma auf Zahlung klagen, ist der Gang zum Anwalt unausweichlich. Die Erfolgsaussichten hängen stark vom konkreten Fall, den Beweisen und dem Kontext ab. Aber: Wer nicht vorschnell bezahlt, behält sich alle Optionen offen – auch die der Gegenwehr.
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Die rechtliche Einordnung solcher Fälle ist komplex – aber nicht aussichtslos. Es existieren Urteile, in denen Gerichte Rückforderungen abgelehnt haben, wenn die Absage im Interesse des Arbeitgebers erfolgte und keine grobe Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers vorlag.
BGB § 611a und BGB § 670 als Grundlage
Die Grundregel: Arbeitsverträge (geregelt in § 611a BGB) verpflichten zur Leistung von Arbeit, nicht zur Zahlung für betriebliche Kosten. Und wenn man im Rahmen des Arbeitsverhältnisses Aufwendungen tätigt – wie die Buchung einer Weiterbildung –, kann unter § 670 BGB ein Erstattungsanspruch bestehen.
AG Frankfurt Urteil vom 12.10.2017 – Az. 30 C 1469/17
In einem vergleichbaren Fall entschied das Amtsgericht Frankfurt, dass der Arbeitgeber die Stornogebühren zu tragen hat, da der Mitarbeiter aus betrieblichen Gründen nicht teilnehmen konnte – und dies vorher abgesprochen war. Das Gericht betonte, dass der Arbeitgeber das wirtschaftliche Risiko von Änderungen im Betriebsablauf trage.